Zum Hauptinhalt springen

2023: 75. Jubiläum des Demokratiegrundlegungsjahres 1948

Das Jahr 1949 als das Jahr der Gründung zweier deutscher Nachkriegsstaaten ist im kollektiven Geschichtsbewusstsein neben dem Mythos von der „Stunde Null“ im Zusammenhang mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 gemeinhin als die entscheidende Zäsur der deutschen Nachkriegsgeschichte verankert. Auch wenn jene mythologisierte Vorstellung von der völligen Selbstaufgabe aller tradierten Wertvorstellung im Mai 1945 inzwischen geschichtswissenschaftlich widerlegt ist, wird zu Recht als historisches Kuriosum betrachtet, dass auf den den westlichen Besatzungsmächten zugeordneten Territorien nur vier Jahre nach dem Ende der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft ein teilsouveräner, demokratischer Staat gegründet wurde. Auch Österreich sollte nach dem Willen der Siegermächte als eigener Staat wiedererstehen und wurde in Besatzungszonen eingeteilt. Dass jedoch das Jahr 1948 für die Gründung des Weststaates im Folgejahr sowie die beispiellos erfolgreiche Konsolidierungsphase dieses Staates in den 1950er- und früher 1960er-Jahren eine unabdingbar prägende Rolle spielte, ist heute weit weniger bekannt. Mit der Vollversammlung des Zweiten Wirtschaftsrates in Frankfurt am Main im Februar 1948, dem Konklave von Rothwesten zur Vorbereitung der Währungsreform im April 1948, der Wiedereröffnung der Frankfurter Paulskirche im Mai 1948 sowie der Übergabe der von den Westalliierten erarbeiteten Leitlinien zur Gründung des westdeutschen Nachkriegsstaates in Form der „Frankfurter Dokumente“ im Juli 1948 nimmt Hessen eine besondere Position in der Geschichte des Demokratiegrundlegungsjahres 1948 ein. Vor diesem Hintergrund wird die Hessische Landeszentrale für politische Bildung die zentralen Ereignisse der Weichenstellung für den Weststaat im Jahr 1948 im laufenden Jahr 2023 in Form von digitalen Angeboten behandeln und zueinander in Bezug setzen. 

In der Rubrik „Kalenderblätter“ auf unserer Homepage werden Textbeiträge zu den einzelnen Ereignissen erscheinen, die in das Geschehene einführen sollen. Darüber hinaus können thematisch passende Publikationen bei der HLZ bestellt werden, die bestimmte Jahrestage oder deren größere Zusammenhänge vertiefen. Zu folgenden Ereignissen werden auf der Homepage Kalenderblätter erscheinen:

23.02.           Beginn der Londoner Sechsmächtekonferenz     

24.02.           Erste Vollversammlung des Zweiten Wirtschaftsrates der Bizone in Frankfurt am Main

01.03.           Gründung der „Bank deutscher Länder“ in Frankfurt am Main     

03.04.           Inkrafttreten des Marshall-Planes         

21.04.           Beginn des Konklaves von Rothwesten zur Vorbereitung der Währungsreform    

18.05.           Wiedereröffnung der Paulskirche             

20./21.06.   Währungsreform in den drei Westzonen            

24.06.           Beginn der Berlin-Blockade und der Luftbrücke         

01.07.           Übergabe der „Frankfurter Dokumente“ an die Ministerpräsidenten der Westzonen

15.07.           Beginn der Niederwaldkonferenz                 

10.08.           Beginn des Verfassungskonvents auf Herrenchiemsee        

01.09.           Eröffnungsfeier Parlamentarischer Rat/Porträt der weiblichen Abgeordneten

09.09.           Demonstration für Freiheit vor dem Reichstag und Rede des Berliner Oberbürgermeisters Ernst Reuter    

10.12.           Deklaration der Menschenrechte     

Zentrale Fragen dieser das gesamte Kalenderjahr 2023 andauernden Rückschau auf das Jahr 1948 vom Standpunkt der historisch-politischen Bildungsarbeit aus werden sein: Wie wirkten sich welche Ereignisse auf die Herausbildung demokratischer Strukturen in den drei Westzonen aus? Welche Rolle spielte das politische Ausland in Form der Westalliierten auf dem Weg zur Gründung des westlichen Nachkriegsstaates, welche Rollen kamen deutschen Handlungsträger zu? Wie ist Hessen mit den politischen Ereignissen des Jahres 1948 verbunden? Und wir prägt das Erbe des Jahres 1948 noch heute unsere politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Lebenswirklichkeit in der Bundesrepublik Deutschland?

Diese und weitere Fragen sind aus Sicht der politischen Bildungsarbeit relevant, um anhand der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten der Zeit das Selbstverständnis der in der Gründung begriffenen Bundesrepublik Deutschland herausarbeiten zu können. Darüber hinaus wird deutlich, welche Vielzahl an Faktoren in der Vergangenheit für den Aufbau und in der Gegenwart und Zukunft für die Stabilität und Bewahrung demokratischer Systeme eine Rolle spielten und spielen.

Bei der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung sind unter anderem folgende Publikationen zum Thema erhältlich: