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01. September 1948: 75. Jahrestag des Parlamentarischen Rats

Der Parlamentarische Rat trat am 1. September 1948 in Bonn zusammen. Die Aufgabe seiner Mitglieder war es, eine Verfassung für den von den Westalliierten kontrollierten Teil Deutschlands auszuarbeiten. Aus Sorge, die Spaltung Deutschlands zu vertiefen, entwarf er ein den provisorischen Charakter betonendes „Grundgesetz" anstelle einer „Verfassung“. Es trat am 23. Mai 1949 in Kraft.

Vorgeschichte

Am 1. Juli 1948 hatten die Militärgouverneure, wie auf der Sechs-Mächte-Konferenz in London wenige Monate zuvor beschlossen, den Ministerpräsidenten der elf Länder bzw. Bürgermeistern (Hamburg, Bremen) die „Frankfurter Dokumente" überreicht. Sie erhielten damit u.a. den Auftrag, eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen. Diese sollte eine demokratische Verfassung mit garantierten Grundrechten und einem föderalen Staatsaufbau ausarbeiten. Die elf Regierungschefs beschlossen die Ausarbeitung des Grundgesetzes durch den Parlamentarischen Rat und bereiteten die Wahl seiner Mitglieder durch die Länderparlamente vor. Aufbauen konnte der Parlamentarische Rat auf einem Verfassungsentwurf, den Fachleute des Verfassungskonvents auf der Insel Herrenchiemsee im August 1948 erarbeitet hatten.

Festakt am 1. September 1948

An der Eröffnungsfeier im Zoologischen Museums Koenig in Bonn, das den Krieg unbeschadet überstanden hatte, nahmen Vertreter der Westalliierten, der Länder und des öffentlichen Lebens teil. Karl Arnold (CDU), Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, hielt die Eröffnungsrede. Anschließend sprach als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz Hessens Ministerpräsident Christian Stock (SPD).

Zusammensetzung des Parlamentarischen Rats

Nach der Eröffnungsfeier traten die stimmberechtigten Mitglieder des Parlamentarischen Rats – 61 Männer und vier Frauen – und die fünf Abgeordneten aus den Westsektoren Berlins in der Pädagogischen Akademie in Bonn zur konstituierenden Sitzung zusammen. Zum Präsidenten wählten sie den späteren Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU).

Die CDU/CSU, und die SPD, darunter der Verfassungsrechtler Carlo Schmid, der auch Vorsitzender des Hauptausschusses war, stellten je 27 Abgeordnete. Die FDP entsandte fünf, darunter Theodor Heuss (FDP), der 1949 erster Bundespräsident wurde, die DP, KPD und das Zentrum je zwei Delegierte.

Die vergessene Ausnahme: Das Saarland

Das kleinste Flächenland der Bundesrepublik, das Saarland, wurde bald nach Kriegsende der Zuständigkeit des Alliierten Kontrollrates entzogen. Zu einer vollständigen Annexion des Gebietes an der Saar durch Frankreich kam es nicht, sondern es erfolgte die Bildung einer eigenen saarländischen Staatsregierung und der Inkraftsetzung der Verfassung des Saarlandes am 15. Dezember 1947, die auf die Schaffung eines formell autonomen Saarstaates zielte. Verfassungsautonomie, Selbstregierung sowie Selbstverwaltung waren durch die französische Administration reglementiert. Nach der Ablehnung des Europäischen Statutes für das Saarland bei der Volksbefragung am 23. Oktober 1955 kam es zu neuen Verhandlungen, nach denen das Saarland am 1. Januar 1957 als 10. Land der Bundesrepublik Deutschland politisch beitrat. Der vollständige wirtschaftliche Beitritt erfolgte erst am im Juli 1959.

Das Grundgesetz

Als Lehre aus den Erfahrungen mit der Weimarer Republik und dem Nationalsozialismus wurden die Hürden für Verfassungsänderungen (Art. 79 GG) erhöht und der Verfassung Vorrang und Normativität zugeschrieben, an die Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung gebunden sein sollten. Die Grundrechte wurden gestärkt. Im Vergleich zum Reichpräsidenten und Reichskanzler wurden die politischen Rechte des Bundespräsidenten begrenzt und die des Bundeskanzlers erweitert. Die Herstellung der Einheit aller Deutschen wurde in der Präambel und in Art. 23 festgelegt.

Genau vier Jahre nach Kriegsende, am 8. Mai 1949 um 23:55 Uhr verabschiedete der Parlamentarische Rat das Grundgesetz mit 53 zu 12 Stimmen. Dagegen stimmten die Abgeordneten von KPD, Zentrum, DP und sechs der acht CSU-Abgeordneten. Die drei westlichen Militärgouverneure erteilten am 12. Mai ihre Zustimmung, die Bundesländer vom 18. bis 21. Mai 1949. Der Bayerische Landtag, dem das Grundgesetz zu wenig föderalistisch erschien, erkannte es nur unter der Maßgabe an, dass es von zwei Dritteln der Bundesländer ratifiziert würde. In der letzten Sitzung des Parlamentarischen Rats wurde das Grundgesetz am 23. Mai 1949 verkündet und im Bundesgesetzblatt vom selben Tag veröffentlicht. Um Mitternacht, also am 24. Mai 1949, trat es dann in Kraft.

Mit der Vorbereitung des Wahlgesetzes zur Bundestagswahl am 14. August 1949 und den Bestimmungen für die erste Bundesversammlung löste sich der Parlamentarische Rat auf.