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23. Februar 1948: 75. Jahrestag des Beginns der Londoner Sechsmächtekonferenz

Vom 23. Februar bis zum 2. Juni des Jahres 1948 tagten die drei westlichen Siegermächte USA, Großbritannien und Frankreich gemeinsam mit den Beneluxstaaten als direkte Nachbarländer der deutschen Westzonen in zwei Sitzungsperioden in London. Im Rahmen der sogenannten Sechsmächtekonferenz wurden die „Londoner Empfehlungen“ erarbeitet, mit denen die Teilnehmer den Handlungsspielraum für die Gründung des westdeutschen Nachkriegsstaates absteckten. Die Konferenz wurde vor allem in den sowjetischen Einflusssphären in der im Entstehen begriffenen bipolaren Welt als endgültige Abwendung der Westalliierten von der gemeinsamen Deutschlandpolitik aufgefasst und entwickelte sich in den Folgejahren zum Symbol des Scheiterns der interalliierten Viermächtepolitik.

Erste Sitzungsperiode (23. Februar bis 6. März)

Bereits im Vorfeld der Konferenz protestierte die Sowjetunion in einer Note vom 13. Februar gegen deren Durchführung, in der sie einen vermeintlichen Bruch des Potsdamer Abkommens von 1945 erkannte. Jene Potsdamer Konferenz endete mit einem Kommuniqué, das heißt einem völkerrechtlich nicht verbindlichen Abkommen, in dem die Alliierten die Leitlinien ihrer gemeinsamen Viermächtepolitik in Bezug auf das besiegte Deutschland festschrieben. Dem Protest gegen die Durchführung der Londoner Sechsmächtekonferenz schlossen sich auch Polen, die Tschechoslowakei und Jugoslawien an.

In London wurden Frankreich und die Benelux-Staaten in langwierigen Verhandlungen vom anglo-amerikanischen Konzept der Gründung eines föderativen Weststaates überzeugt, das außerdem eine Beteiligung Westdeutschlands am „European Recovery Program“, dem wirtschaftlichen Wiederaufbauprogramm der USA für Westeuropa, vorsah. Dem infolge der deutsch-französischen Geschichte gesteigerten französischen Sicherheitsinteresse sollte vor allem durch internationale Ruhrkontrolle Rechnung getragen werden.

20. März 1948 – die Sowjetunion verlässt den Alliierten Kontrollrat

In Reaktion auf den „Brüsseler Pakt“ zwischen Großbritannien, Frankreich und den Benelux-Staaten vom 17. März 1948 und die darin festgeschriebene Gründung einer europäischen Westunion verließ der sowjetische Vertreter Marshall Sokolowskij den Alliierten Kontrollrat, das oberste Gremium der alliierten Besatzer in Deutschland. Dieser stellte seine Tätigkeit daraufhin ein, was das praktische Ende der alliierten Viermächtepolitik bedeutete.

Zweite Sitzungsperiode (20. April bis 2. Juni)

In der zweiten Sitzungsperiode beschäftigten sich die teilnehmenden Staaten zunehmend mit der konkreten Umsetzung der Staatsgründung auf dem Gebiet der Westzonen. Bereits in dieser Phase visierten sie perspektivisch eine Teilsouveränität des westdeutschen Staates an, die zunächst durch ein Besatzungsstatut eingeschränkt bleiben sollte.

Analog zur Konferenz von London tagte die Sowjetunion gemeinsam mit sieben sowjetisch beeinflussten Staaten Osteuropas am 23. und 24. Juni auf der Warschauer Achtmächtekonferenz. Den Teilnehmern der Konferenz in London warfen sie in Berufung auf das Kommuniqué von Potsdam die Spaltung Deutschlands, die Verbreitung eines „antidemokratischen Geistes“ und die Gefährdung der Oder-Neiße-Linie vor.

Ergebnisse und Folgen der Sechsmächtekonferenz

Zentrales Ergebnis der Londoner Sechsmächtekonferenz waren die „Londoner Empfehlungen“, auf deren Basis die Militärgouverneure der drei Westalliierten den westdeutschen Ministerpräsidenten am 1. Juli 1948 die „Frankfurter Dokumente“ vorlegten. Auf diesem Wege wurden die Ministerpräsidenten mit Weisungscharakter autorisiert, eine verfassungsgebende Versammlung zur Ausarbeitung einer bis zur Wiederherstellung der Einheit provisorisch geltenden demokratischen Verfassung für den westdeutschen Nachkriegsstaat auszuarbeiten. Darüber hinaus wurden sie zur Überprüfung der Ländergrenzen aufgefordert und ein Besatzungsstatut angekündigt. Anknüpfend an den Geist der Londoner Konferenz wurde im April 1949 außerdem die 1947 geschaffene Bizone um das französische Besatzungsgebiet zur Trizone erweitert, die als Modell des künftigen Weststaates fungierte.

Dieser Beitrag zur Londoner Sechsmächtekonferenz bildet den inhaltlichen Auftakt der das Kalenderjahr 2023 andauernden Rückschau der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung auf das Demokratiegrundlegungsjahr 1948. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.

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