Zum Hauptinhalt springen

10. Dezember 1948: Vor 75 Jahren wurde die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ der Vereinten Nationen verkündet

In 30 Artikeln wurden die Menschenrechte formuliert, die die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 als Zusatz zu ihrer Gründungscharta annahm. Die Resolution ist rechtlich nicht bindend, bildet jedoch die Grundlage zahlreicher Übereinkommen, Gesetze und Verträge. Die Deklaration der Menschenrechte ist ergänzend zu zahlreichen Verfassungen, wie zum Beispiel dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, aufgenommen worden. Der seit 1950 zum Gedenktag erhobene 10. Dezember steht 2023 unter dem Motto „Würde, Freiheit und Gerechtigkeit für alle“.

„Alle Menschen sind frei und gleich …“

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren" lautet der erste Artikel der Erklärung. Er gilt gemäß Artikel 2 für jeden Menschen, unabhängig von Rasse, Geschlecht oder Religion. Bereits die Präambel proklamiert „Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt“ und den Glauben an die grundlegenden Menschenrechte, an „die Würde und den Wert der menschlichen Person“. In der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ findet sich das Verbot von Folter und Sklaverei, das inzwischen Eingang ins Völkerrecht gefunden hat. Auch die Meinungs-, Informations- und Versammlungsfreiheit sind in dem Dokument verankert.

Entstehungsgeschichte

Unter dem Eindruck der Verbrechen und Gräuel des Zweiten Weltkriegs und des Nationalsozialismus wurde die Menschenrechtserklärung von 1947 bis 1948 von 18 Vertretern unterschiedlicher politischer, kultureller und religiöser Herkunft unter Vorsitz der Menschrechtsaktivistin Eleanor Roosevelt, der Witwe des früheren amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt, erarbeitet. Ihr ursprüngliches Vorhaben, einen völkerrechtlich bindenden Menschenrechtspakt zu schaffen, musste sie jedoch aufgrund der Spannungen bei den Verhandlungen, die eine Folge des gerade begonnenen Kalten Krieges waren, aufgeben und auf später verschieben. Selbst das Ziel einer allgemeinen Erklärung, die lediglich den Charakter einer Empfehlung hatte, erwies sich als schwierig und zeitaufwändig: Die westlichen Staaten wollten nur politische und bürgerliche Freiheitsrechte aufnehmen, die Sowjetunion und andere sozialistische Staaten legten auf die Aufnahme wirtschaftlicher und sozialer Rechte Wert.

Mehr als 50 Mitgliedstaaten waren an der endgültigen Ausarbeitung des ersten Entwurfs beteiligt, der im September 1948 vorgestellt wurde. Am 10. Dezember 1948 stimmten 48 Staaten in der Generalversammlung mit Ja, acht Länder – Polen, die Tschechoslowakische Republik, Jugoslawien, Saudi-Arabien, die Sowjetunion, Südafrika, die Ukraine und Weißrussland (beide hatten Vollmitgliedschaftsstatus in den Vereinten Nationen) – enthielten sich. Gegenstimmen gab es keine.

Vorläufer

Die Geschichte der Grundrechte reicht bis zur englischen „Magna Charta“ von 1215 zurück. Sie sicherte u.a. jedem freien Mann die Unverletzlichkeit seines Lebens und Eigentums zu. In der Neuzeit war die „Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten“ von 1776 ein Meilenstein. Sie nahm die Formulierung der „Virginia Declaration of Rights“ aus dem gleichen Jahr auf, mit der sich Virginia vom Königreich Großbritannien lossagte. Sie fixierte bereits die Unveräußerlichkeit von Rechten, zu denen „Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit“ zählten.

Weitere wichtige Schritte zu einem universellen Menschenrechtsschutz waren die „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ der französischen Nationalversammlung von 1789 und die „Bill of Rights" von 1791, den zehn ersten Zusatzartikeln zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika.

Weiterentwicklung: Zivilpakt und Sozialpakt

Am 16. Dezember 1966 verabschiedete die UN-Generalversammlung den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) gemeinsam mit dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt). Sie sind seit 1976 völkerrechtlich verbindlich. Der Zivilpakt beinhaltet Schutz- und Freiheitsrechte, darunter das Folter- und Sklavereiverbot, das Recht auf Schutz des Privatlebens, das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Recht auf Religionsfreiheit und Versammlungsfreiheit sowie das passive und aktive Wahlrecht. Außerdem werden die Rechte von Minderheiten geschützt und ein allgemeines Diskriminierungsverbot formuliert. Der Sozialpakt wiederum sichert Menschen das Recht auf Arbeit, Bildung und einen angemessenen Lebensstandard zu.

Darüber hinaus haben die Vereinten Nationen in den vergangenen Jahrzehnten eine Reihe weiterer Konventionen verabschiedet. Die Übereinkommen regeln unter anderem den Schutz der Rechte von Frauen, Kindern und Behinderten sowie die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung.

1993 gründeten die Vereinten Nationen das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte, das die Menschenrechte auf nationaler und internationaler Ebene fördern und durchsetzen soll.

Europäische Menschenrechtskonvention

Die „Europäische Menschenrechtskonvention“ von 1950 ist stark von der UN-Charta geprägt. Um die Einhaltung der Konvention sicherzustellen, wurde der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte⁠ in Straßburg eingerichtet. Als „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“ war sie die Grundlage der Bestrebungen zu einer gemeinsamen Verfassung der Europäischen Union.

Menschenrechte und globale Entwicklungen

Die Zunahme von Flüchtlingsbewegungen und die Folgen des Klimawandels führten in der Vergangenheit bis in die Gegenwart zu teils erheblichen Problemen bei der Durchsetzung von Menschenrechten. Dem Report 2022/23 der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zufolge nehmen die Versuche zahlreicher Staaten, die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit einzuschränken oder rechtstaatliche Garantien auszusetzen, zu. Dies gelte nicht nur für autoritäre Regime wie China, sondern auch für Demokratien. Für das Jahr 2022 wurde ein Anstieg der vollstreckten Todesstrafen verzeichnet.

Kritik an der Menschenrechtserklärung

Mit dem Hinweis, die UN-Menschenrechtserklärung berücksichtige nur westliche Werte, verabschiedeten 1990 verschiedene islamische Staaten die „Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam“, die die Scharia als Basis der Menschenrechte postuliert. Auch die Volkrepublik China weist die individuellen Rechte der „Allgemeinen Menschenrechtserklärung“ zurück.

Bei der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung können folgende Publikationen zum Thema bestellt werden: