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Daniel Klingenfeld: Menschheitsaufgabe Klimaschutz – Das Übereinkommen von Paris

Reihe Literatur und Politik

Wiesbaden, 9. März 2020 – SWR-Umweltredakteur Manfred Ladwig moderierte am 9. März in der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung in der Reihe „Literatur und Politik“ ein Gespräch mit Dr. Daniel Klingenfeld, Leiter des Stabes der Direktoren am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zu seiner Anfang März bei der HLZ veröffentlichten Publikation „Menschheitsaufgabe Klimaschutz – Das Übereinkommen von Paris“. Die Begrüßung übernahm Jürgen Kerwer, der die Vortragsreihe bei der HLZ verantwortet.

Im Laufe des Abends arbeiteten Manfred Ladwig und Dr. Daniel Klingenfeld im Zusammenspiel und später bei Beantwortung der Fragen aus dem Publikum die Problemfelder der Klimapolitik, neuralgische Punkte wie die Kippelemente des Ökosystems (er erläuterte dies am Beispiel des Grönländischen Eisschilds und des Regenwalds im Amazonas), die Öl-Kohle-Gas-Problematik und vor allem die wesentlichen Kernpunkte des Übereinkommens von Paris von 2015 heraus.

Auf der Grundlage des Abkommens von Rio 1992 war von der Staatenwelt beschlossen worden, regelmäßig sogenannte COPs (conferences of the parties) abzuhalten, um den Klimaschutz auf multilateraler Ebene voranzubringen und gefährlichen Klimawandel zu stoppen. Mit dem Kyoto-Protokoll von 1997 (COP 3) war das erste rechtlich bindende Regelwerk zum weltweiten Klimaschutz verabschiedet worden. Die Vertragsstaatenkonferenz in Kopenhagen 2009 (COP 15), bei der vor allem die EU rechtlich verbindliche und sanktionsbewehrte Emissionsminderziele für alle großen Emittentenländer einforderte, scheiterte letztlich am Widerstand vor allem von China und den USA, wie der Autor ausdrücklich betonte.

Nach dem Misserfolg von Kopenhagen war es umso wichtiger, so Klingenfeld weiter, auf der nächsten großen Konferenz in Paris, wieder einen Schritt voranzukommen und die weltweiten Bemühungen zum Klimaschutz zu intensivieren. Hauptziel des Pariser Abkommens (mit insgesamt 29 Artikeln) sollte sein, gefährlichen Klimawandel zu vermeiden und dies auch verbindlich zu dokumentieren. In Artikel 2 des Paris Agreement wurde deswegen festgelegt, den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur auf deutlich unter 2⁰C zu halten. Dr. Klingenfeld merkte dazu weiter an, dass damit ein Zielkorridor von 1,5-1,8⁰C gemeint sei. Momentan würden wir allerdings bereits schon bei mehr als 1⁰C Erderwärmung liegen. Der Artikel 2 sei insofern bedeutsam, da dieser völkerrechtlichen Status hätte und mehr als eine Absichtserklärung sei. Was derzeit das Problem wäre, seien die fehlenden Instrumente zur Umsetzung und Eindämmung des Emissionsausstoßes. In Artikel 3 wurde zwar das Hauptinstrument zur Erreichung des gemeinsamen Umweltziels, national festgelegte Beiträge NDCs (nationally-determined contributions) regelmäßig an das Sekretariat der Klimarahmenkonvention als Berichtspflicht zu übermitteln, festgeschrieben. Doch hier fehle die Verbindlichkeit, wie Dr. Klingenfeld auf Nachfrage von Manfred Ladwig anmerkte. Zumal auch keine Sanktionen festgelegt wurden. Jeder Staat solle selber schauen, was machbar sei. Das Positive daran sein, dass man in den Mechanismen flexibel sei. Diese Flexibilität beinhalte auch Artikel 6 (Emissionshandelssystem), allerdings seien bei diesem System kaum Fortschritte zu verzeichnen. Erfolgversprechend seien in diesem Punkt eher direkte Absprachen zwischen einzelnen Ländern.

Immerhin hätten nach der Annahme des Vertragstextes im Dezember 2015 und des Inkrafttretens im Oktober 2016 194 Staaten und die EU das Pariser Abkommen unterzeichnet. Die USA unter Trump hätten den Vertrag allerdings aufgekündigt. Und China und Indien würden immer noch als Annex-II-Länder (seit Rio 1992) geführt und wollten dies auch nicht ändern, damit sie sich nicht irgendwelchen Verpflichtungen mit Sanktionsmöglichkeiten unterwerfen müssen. Eine Änderung sei hier zwingend notwendig, so Dr. Klingenfeld dazu. Beide müssten mitgenommen werden und vor allem China sich seiner Verantwortung als mit Abstand größter Verursacher von Kohlendioxidemissionen (30 Prozent der weltweiten Emissionen) stellen.

Aus Sicht des Autors wäre eine CO2-Bepreisung der vielversprechendste Weg, um die Klimaziele zu erreichen. Dabei müssten aber Einkommensschwächere unterstützt und insgesamt von staatlicher Seite aus Anreize/Belohnungssysteme geschaffen werden bei Einsparung von Kohlendioxid. Begleitend müssten weitere Maßnahmen ergriffen werden wie z.B. ein Tempolimit, eine generelle Reduzierung des Autoverkehrs und des Energieverbrauchs, klimaneutrale Gebäude oder auch eine stärkere Verlagerung auf E-Mobilität. Um jedoch die Klimaziele von Paris tatsächlich zu erreichen, müssten die Emissionen bis 2030 weltweit um 50% zurückgehen, bis 2040 erneut um 50% reduziert werden usw. plus zusätzliche weitere Maßnahmen, um die Emissionen zurückzufahren. Das von der Bundesregierung verabschiedete Klimapaket oder der Green Deal der Europäischen Kommission reiche hier bei weitem nicht aus.

Auf die Frage von Manfred Ladwig, was wir denn selbst konkret tun könnten, meinte Dr. Klingenfeld, dass jeder Einzelne bei sich anfangen könne, seinen Teil zur Umweltentlastung beizutragen. Beim Autokauf gäbe es genügend Alternativen zu SUVs, Car-Sharing wäre ebenso eine Möglichkeit wie der Verzicht aufs Auto, wo möglich. Gleiches gelte für das Reisen. Prinzipiell müssten wir unseren CO2-Ausstoß pro Kopf um die Hälfte reduzieren.

Die Industrie, die Wirtschaft und unsere Gesellschaft insgesamt hätten jetzt die Möglichkeit, durch Innovationen, durch neue Technologien, durch Transformationen und Umstellungen, einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Die Fridays-for-Future-Bewegung habe im Übrigen ja gezeigt, was unsere Gesellschaft und in diesem Fall vor allem die jungen Menschen mit dazu beitragen können, dass mehr Verbindlichkeit in der Politik zum Klimaschutz Einzug hält. Er sei jedenfalls, so Dr. Klingenfeld abschließend, optimistisch und glaube daran, dass wir gemeinsam eine neue positive Dynamik auf allen Ebenen zum Schutze unserer Umwelt entwickeln können.

Der Autor und der Moderator wurden mit viel Applaus vom Publikum verabschiedet. Die Gäste konnten sich die vorgestellte Publikation „Menschheitsaufgabe Klimaschutz“ anschließend mitnehmen. Diese kann auch hier bei der HLZ bestellt werden.