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25. Juni 1947: 75. Jahrestag der Konstituierung des Wirtschaftsrats der Bizone in Frankfurt am Main

Zusammenschuss zur Bizone

Nach zwei harten Nachkriegswintern mit einer katastrophalen Ernährungs- und Wirtschaftslage wurden die Überlegungen zu einem Zusammenschluss der zunächst stark voneinander getrennt verwalteten Zonen der Siegermächte über das besetzte Deutschland konkreter. Nachdem Frankreich und die Sowjetunion den Bemühungen des amerikanischen Außenministers James F. Byrnes und des stellvertretenden amerikanischen Militärgouverneurs General Lucius D. Clay um eine wirtschaftlichen Vereinigung ihrer Besatzungszonen eine Absage erteilt hatten, sollte eine britisch-amerikanischen Bizone die Lösung der wirtschaftlichen Probleme herbeiführen: Indem die großen Grundstoff- und Industriegebiete des Rheinlands und Westfalens in der britischen Zone mit den großen landwirtschaftlichen Gebieten und einem beträchtlichen Teil der verarbeitenden Industrie in der amerikanischen Zone zusammengelegt wurden, sollte eine weitere Verschlechterung der deutschen Wirtschaft verhindert werden. Insbesondere die Amerikaner fürchteten andernfalls politische Unruhen und eine Stärkung der kommunistischen Kräfte in Deutschland. 

Am 2. Dezember 1946 war es schließlich so weit: Der britische Außenminister Ernest Bevin und sein US-Kollege Byrnes unterzeichneten in New York die Übereinkunft, die amerikanische und britische Zone zum 1. Januar 1947 zum Vereinigten Wirtschaftsgebiet zusammenzuschließen. Sie umfasste eine Bevölkerung von etwa 39 Millionen Menschen.

Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebiets

Da die ersten bizonalen Verwaltungsorgane erhebliche Schwächen aufgewiesen hatten, wurde am 29. Mai 1947 ein Abkommen zur Neugestaltung der zweizonalen Wirtschaftsstellen unterzeichnet und der Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebiets geschaffen. Er bestand aus drei Organen: dem Wirtschaftsrat im engeren Sinne, dem Exekutivrat und den Direktoren der Verwaltung.

Der Wirtschaftsrat bestand aus 52 Mitgliedern, die von den Länderparlamenten der Bizone gewählt wurden. Auf ca. 750.000 Einwohner kam ein Abgeordneter. Diese Volksvertretung war nach Parteien und nicht nach Herkunftsländern oder fachlichen Sachgebieten organisiert. 20 der 52 Mitglieder gehörten der CDU und CSU an, 20 der SPD, 4 den liberalen Parteien, 2 dem Zentrum, 1 der WAV (Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung), 2 der DP (Deutschen Partei) und 3 der KPD. Zum Präsidenten des Wirtschaftsrats wurde bei seiner Konstituierung am 25. Juni 1947 der hessische CDU-Abgeordnete Erich Köhler und als Vizepräsident der SPD-Abgeordnete Georg-August Zinn (dem späteren hessischen Ministerpräsidenten) gewählt. 

Anders als die vorherigen Verwaltungsräte besaß der Wirtschaftsrat legislative Kompetenzen: In der Verwaltung der Eisenbahnen zwischen den Ländern und dem Postverkehr verfügte er beispielsweise sogar über das ausschließliche Gesetzgebungsrecht. Neu waren auch exekutive Kompetenzen, wie zum Beispiel die Wahl und Abberufung der Direktoren. 

In den Exekutivrat, der ebenfalls am 25. Juni 1947 tagte und den Darmstädter Oberbürgermeister Günther Metzger (SPD) zum Vorsitzenden wählte, entsandte jede Regierung der acht Länder der Bizone einen Vertreter. Seine Hauptaufgabe bestand darin, die Tätigkeit der fünf Verwaltungen – Wirtschaft, Ernährung, Finanzen, Post- und Fernmeldewesen und Verkehr – zu überwachen und zu koordinieren. 

Die eigentlichen exekutiven Aufgaben lagen bei den vom Exekutivrat vorgeschlagenen und vom Wirtschaftsrat gewählten Direktoren der Verwaltung, die die ihnen übertragenen Verwaltungsbereiche leiteten. Entsprechend umkämpft war daher die Besetzung dieser wenigen zentralen bizonalen Verwaltungspositionen. Als die SPD nicht das gewünschte Wirtschaftsdirektorium erhielt, ging sie in die Opposition und überließ der CDU/CSU alle Direktoren.

Der zweite Wirtschaftsrat

Unklare Kompetenzzuweisungen und -abgrenzungen zwischen den Organen, aber auch die geringe Mitgliederzahl des Wirtschaftsrats und andere Unzulänglichkeiten der Verwaltung der Bizone erschwerten die parlamentarische Arbeit des Wirtschaftsrats und führten Anfang 1948 zu erneuten Änderungen. Unter der Bezeichnung „Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes” bestand er aus den drei Organen Wirtschaftsrat, Länderrat (anstelle des früheren Exekutivrats) und dem Verwaltungsrat.

Der neue Wirtschaftsrat hatte nun 104 Mitglieder, Gesetzgebungsbefugnisse und haushaltsbezogene Kompetenzen (z. B. Einnahmen aus Deutscher Post und Deutscher Reichsbahn und Verbrauchssteuern und das Recht, zur Deckung des Haushalts Kredite aufzunehmen), wurden erweitert. Bei der ersten Vollversammlung am 24. Februar 1948 wurden Köhler als Präsident und Ralf Dahrendorf als Vizepräsident bestätigt. 

Im Länderrat war nun jedes Land durch zwei Mitglieder vertreten. Er trat am 23. Februar 1948 erstmals in Frankfurt zusammen. Die Exekutive bildeten sechs Verwaltungen (Ernährung und Landwirtschaft, Verkehr, Wirtschaft, Finanzen, Post- und Fernmeldewesen, Arbeit), deren Direktoren vom Wirtschaftsrat gewählt wurden und unter einem Oberdirektor zusammen den Verwaltungsrat bildeten. Ludwig Erhard bekleidete das Ressort Wirtschaft.

Zwar betonten die Vereinigten Staaten und Großbritannien den wirtschaftlichen und administrativen Charakter der Bizone, doch war mit ihr der Boden für die Gründung der Bundesrepublik Deutschland, die als Bund der Länder in die Rechte und Pflichten der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes eintrat, bereitet.

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