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18. März 1848: 175. Jahrestag der Deutschen Revolution von 1848/49

Die Deutsche Revolution von 1848/49 ist ein Meilenstein in der deutschen Demokratiegeschichte. Am 18. März 1848 war Berlin Schauplatz von Demonstrationen, auf denen Bürgerinnen und Bürger Freiheitsrechte für sich forderten. Hier wie auch an zahlreichen anderen Stellen im Deutschen Bund zwangen Revolutionäre die Herrschenden zu liberalen Zugeständnissen. Diese revolutionären Entwicklungen mündeten schließlich in der Einberufung eines gesamtdeutschen Parlaments, der Frankfurter Nationalversammlung, die ab dem 18. Mai 1848 in der Paulskirche in Frankfurt tagte. Ziel war die Gründung eines deutschen Nationalstaats mit einer liberalen Verfassung, in der Grund- und Freiheitsrechte festgeschrieben waren. 
Die Vorbedingungen und das erste Aufflammen revolutionärer Gedanken reichen aber weit vor 1848 zurück und auch die Nachwirkungen blieben in den Folgejahren in den deutschen Ländern noch spürbar. 
 

Revolutionen in Europa 1848/49

Die Ereignisse auf deutschem Boden fanden nicht isoliert statt, sondern waren eingebunden in eine Reihe von nach nationaler Selbstbestimmung strebenden revolutionären Bewegungen in zahlreichen europäischen Ländern.
Besondere Zentren waren 1848 neben Frankreich, wo die Februarrevolution am 24. Februar zur Ausrufung der Zweiten Republik führte, die aufgesplitterten italienischen Königreiche und Herzogtümer, das dreigeteilte Polen, das nach Unabhängigkeit von den Habsburgern strebende Ungarn und die slowakischen Aufstände gegen die Magyaren sowie Siebenbürgen und die Fürstentümer Walachei und Moldau.

Die freiheitlichen und nationalen Bewegungen hatten einige Jahre zuvor, im Juli 1830 durch die Thronbesteigung des „Bürgerkönigs“ Louis Philippe von Orléans in Frankreich – er hatte die Krone aus den Händen des Parlaments erhalten – Auftrieb bekommen. Im gleichen Jahr gewann Belgien seine Unabhängigkeit von den Niederlanden und mit dem Novemberaufstand führten die Polen ihren, wenn auch vergeblichen, Freiheitskampf gegen das russische Zarenreich. 1831 waren Aufstände in Mittelitalien ausgebrochen und die italienische Freiheitsbewegung hatte großen Aufschwung genommen. Der Sieg der liberalen Kantone im Sonderbundkrieg machte im November 1847 aus dem Schweizer Staatenbund einen einheitlicheren Bundesstaat.

So unterschiedlich die Aufstände im Einzelnen waren, waren sie anfangs häufig vom Aufbegehren von Bauern, Handwerkern, städtischen Arbeitern und Landarbeitern gegen Hungersnöte als Folge von Missernten, Arbeitslosigkeit und sozialer Verelendung im Zuge der beginnenden Industrialisierung und des Zusammenbruchs der Ständeordnung geprägt. Unter dem Druck der Ereignisse machten die Staatsoberhäupter Zugeständnisse im liberalen Sinne und gaben konstitutionelle Versprechungen. Vielfach folgte der Kampf des gemäßigt liberalen Bürgertums in den neuen konstitutionellen Gremien für die Verankerung der geforderten Rechte in Verfassungen. 

Vorrevolutionäre Lage in den Staaten des Deutschen Bunds

Durch die Befreiungskriege gegen Napoleons Herrschaft über große Teile Europas wuchs das deutsche Nationalbewusstsein und ließ Forderungen nach einem Nationalstaat und nach den in der Französischen Revolution zum Ausdruck gekommenen Freiheitsrechten immer lauter werden. Nach der Völkerschlacht von Leipzig 1813 wurde jedoch mit der Neuordnung des Wiener Kongresses das monarchische Prinzip gestärkt und alle freiheitlichen und nationalen Bewegungen zurückgedrängt. Zur Sicherung eines europäischen Gleichgewichts und zur Verhinderung zukünftiger Kriege und Revolutionen gründeten die deutschen Staaten als Teil der Wiener Kongressakte im Juni 1815 den Deutschen Bund, einen föderativen Zusammenschluss souveräner deutscher Fürsten und Städte unter Einschluss nichtdeutscher Staaten.

Im Oktober 1817 kam es auf der thüringischen Wartburg zu Protesten gegen die reaktionäre Politik und Kleinstaaterei verbunden mit Forderungen nach einem Nationalstaat. 1830 fegte in Frankreich die Julirevolution den Bourbonenkönig Karl X. hinweg und gab den liberalen und nationalen Bewegungen neuen Auftrieb. Sie erfasste besonders die Königreiche Hannover und Sachsen, das Herzogtum Braunschweig sowie Kassel und Hanau im Kurfürstentum Hessen, wo 1830/31 liberale Konstitutionen mit weitreichenden Grundrechten verabschiedet wurden. Mit dem Gaibacher Fest im Mai 1832, dem Hambacher Fest in der bayerischen Rheinpfalz im Mai/Juni und in dessen Nachfolge das Wilhelmsbader Fest in Hanau im Juni des gleichen Jahres erreichte die bürgerliche Opposition gegen die Restauration einen Höhepunkt. Im April 1833 versuchten aufständische Burschenschafter in Frankfurt, dem Sitz der Bundesversammlung des Deutschen Bundes, die Polizeiwachen zu stürmen und das Zeichen für eine nationale und demokratische Erhebung in ganz Deutschland zu geben.

Die Staaten des Deutschen Bundes reagierten überwiegend mit einer drastischen Verschärfung der Karlsbader Beschlüsse von 1819 und weiteren repressiven Maßnahmen, sodass die freiheitlichen Bewegungen zum Erliegen kamen.

Badische Revolution

In den deutschen Fürstentümern lebten die Erhebungen zuerst im Südwesten wieder auf. Auch wenn das Großherzogtum Baden bereits seit 1818 eine konstitutionelle Monarchie besaß und es immer wieder liberale Reformphasen gab, fand am 12. September 1847 anlässlich von Nachwahlen für die badische Ständeversammlung die Offenburger Versammlung statt, auf der radikal-demokratische Politiker die 13 „Forderungen des Volkes in Baden" kundtaten, die später vor rund 800 Teilnehmenden der Volksversammlung öffentlich verkündet und als Flugblätter verbreitet wurden. Die Artikel betrafen zum einen die „Wiederherstellung der verletzten Verfassung" und zum anderen die „Entwicklung unserer Verfassung". Sie brachten damit den ersten „Grundrechtskatalog" in der deutschen Geschichte zum Ausdruck.

Unter dem Eindruck der französischen Februarrevolution bezog sich am 27. Februar 1848 eine Mannheimer Volksversammlung auf die Offenburger Forderungen und stellte unter dem Eindruck der französischen Februarrevolution einen Forderungskatalog auf. Mit diesen Märzforderungen wurde u.a. die Abschaffung noch bestehender feudaler Privilegien, die politische Gleichberechtigung aller Staatsbürger, Versammlungs-, Rede- und Pressefreiheit, Geschworenengerichte, allgemeine Volksbewaffnung, der Verfassungseid des Heeres und nicht zuletzt eine Nationalversammlung gefordert. 

Politisch weiter vorangetrieben durch den Radikaldemokraten Friedrich Hecker, erhielt Baden Pressefreiheit und eine liberal zusammengesetzte Märzregierung. Mit der Forderung nach einer gänzlichen Abschaffung der Monarchie kam es vom 13. bis zum 27. April 1848 unter der Führung Heckers und Gustav Struves zum ersten badischen Aufstand. Der sogenannte Heckerzug wurde von der badischen Armee und Bundestruppen niedergeschlagen. Die Bewegung war aber innerhalb weniger Wochen auf die übrigen Staaten des Bundes übergesprungen und am 21. September 1848 versuchte Struve mit seinen Anhängern in Südbaden erneut einen vergeblichen Putsch und rief die Deutsche Republik aus.

Revolution in Preußen

Während die „Kartoffelrevolution“ im April 1847 noch im Wesentlichen eine Hungerrevolte gewesen war, hatte die friedlich demonstrierende Menschenmenge auf dem Berliner Schlossplatz am Nachmittag des 18. März 1848 auch politische Erwartungen, als sie auf Friedrich Wilhelms IV. Antwort auf die von einer Abordnung der Bürgerschaft überbrachten Märzforderungen wartete. Ermutigt sah sie sich durch den Aufstand in Palermo im Januar 1848, unter dessen Druck der König von Sizilien eine Verfassung erlassen hatte, und die Ereignisse in Frankreich. Hinzu kam die Nachricht von der Flucht Klemens Fürst von Metternichs aus Wien, das am 13. März zu einem revolutionären Schauplatz geworden war. 

Obwohl es hieß, der König werde eine echte Verfassung mit Volksvertretung zugestehen, fielen zwei Schüsse, angeblich versehentlich ausgelöst. An den anschließenden Barrikadenkämpfen waren vor allem Angehörige der städtischen Unterschicht beteiligt. Unter ihnen gab es 270 „Märzgefallene“. Am 29. März erhielt Berlin ein bürgerliches „Märzministerium“ mit dem gemäßigt Liberalen Ludolf Camphausen als Ministerpräsidenten, das nach dem Berliner Zeughaussturm am 14. Juni wieder abgeschafft wurde. Mit der Ernennung General Friedrich Wilhelm von Brandenburg zum Ministerpräsidenten kehrten die königlichen Truppen nach Berlin zurück. Am 5. Dezember 1848 oktroyierte Friedrich Wilhelm IV. eine Verfassung für Preußen, die zwar einen Grundrechtskatalog aufnahm, aber mit dem Vetorecht des Königs gegen alle Beschlüsse des Parlaments, das er jederzeit auflösen konnte, weit hinter den Märzforderungen zurückblieb.

Revolution von 1848 im Großherzogtum Hessen

Wie bereits die Offenburger Versammlung einen Monat zuvor fand am 10. Oktober 1847 die Heppenheimer Tagung statt. 18 führende liberale Politiker verschiedener deutscher Länder diskutierten über Forderungen zur Schaffung eines deutschen Nationalstaates. Im Vordergrund standen die Überlegungen, wie man durch den Zusammenschluss der liberalen Länderkammern des Deutschen Bunds und einer Erweiterung des Zollvereins (gegründet 1834) ein einheitliches Staatssystem schaffen könne sowie Forderungen auf Bundesebene. Sie publizierten ihre Beschlüsse in der „Deutschen Zeitung" und erreichten dadurch einen hohen Bekanntheitsgrad.

Die Ereignisse in Paris gaben den Forderungen der Liberalen im hessischen Landtag weiteren Auftrieb. Minister Karl du Thil, ein Unterstützer der Restaurationspolitik Metternichs, wurde am 5. März 1848 von Großherzog Ludwig II. von Hessen, entlassen und durch den Liberalen Heinrich von Gagern ersetzt. Obwohl er erklärte, die Märzforderungen umsetzen zu wollen, stürmte die Landbevölkerung Schlösser in Erbach, Fürstenau, Laubach, Lauterbach und Eisenbach und forderte von den Standesherren den Verzicht auf sämtliche feudale Privilegien. Von Gagern sah mit der Verletzung von Eigentum eine rote Linie überschritten und ließ durch Soldaten wieder Ruhe herstellen. 

Die meisten Märzforderungen wurden in der Folgezeit umgesetzt: Das feudale Jagdrecht auf fremdem Grund wurde abgeschafft, der Zunftzwang aufgehoben, Religionsfreiheit zugesichert, Schwurgerichte eingeführt, Privilegien der Standesherren abgeschafft, eine neue Verwaltungsstruktur geschaffen und drei Volksvertretungen auf der Ebene der Regierungsbezirke eingerichtet. 1849 wurde auch ein neues Wahlrecht eingeführt. Ein Großteil der Reformen wurde schon 1850 unter dem konservativen, hessen-darmstädtischen Ministerpräsidenten und Außenminister Reinhard Carl Friedrich von Dalwigk zurückgenommen. Im Streit zwischen Preußen und Österreich jedoch tendierte Dalwigk, der das Ministerpräsidentenamt von 1849 bis 1871 ausübte, zur Seite Österreichs und war ein Vertreter der großdeutschen Lösung.

Frankfurter Nationalversammlung und Reichsverfassung vom 28. März 1849

Die Märzrevolution machte den Weg frei für die Einsetzung eines gesamtdeutschen Parlaments. Als Sitz bot sich die Paulskirche als größter und modernster Saal der damals freien Stadt Frankfurt am Main an. Zudem tagte hier traditionell das zentrale Bundesorgan des Deutschen Bundes, die Bundesversammlung (Bundestag), ein ständig tagender Gesandtenkongress. Dort traf sich zwischen dem 31. März und 3. April 1848 das Vorparlament, das heißt Liberale und Demokraten, die die Wahl zur Frankfurter Nationalversammlung vorbereiteten. Am 18. Mai 1848 trat sie mit etwa 600 Abgeordneten aus allen deutschen Staaten zum ersten Mal zusammen. 

Sie beschäftigte sich insbesondere mit der Gründung eines deutschen Nationalstaats und einer Verfassung. Nach langen Debatten wurde am 28. März 1849 die Paulskirchenverfassung verkündet. Die individuelle und staatsbürgerliche Freiheit garantierenden Grundrechte, die für die Märzforderungen zentral waren, waren von nun an vor einem Reichsgericht einklagbar. Mit der Reichsverfassung setzte sich die sogenannte kleindeutsche Lösung durch, wonach Österreich mit seinen deutschen Landesteilen nicht dem neuen Nationalstaat angehörte. In der großdeutschen Lösung wäre Deutsch-Österreich in das zu gründende Reich unter Ausschluss der nichtdeutschen Länder der Habsburgermonarchie eingebunden gewesen. Der österreichische Vielvölkerstaat bestand aber auf seiner staatsrechtlichen Einheit. Auch das dem Deutschen Bund angehörende Großherzogtum Luxemburg fiel aus der kleindeutschen Lösung heraus, derweil erst 1839 das Herzogtum Limburg, eine niederländische Provinz, als Kompensation für wallonische Teile Luxemburgs aufgenommen wurde, die nach der Revolution in den neuen belgischen Staat eingegliedert wurden. Das Großherzogtum Luxemburg selbst, weiterhin übrigens in Personalunion mit den Niederlanden, verblieb im Deutschen Bund. Oft vernachlässigt wird bei der Debatte um die sogenannte Kleindeutsche Lösung, dass auch Preußen nicht vollständig Teil des Deutschen Bundes war. Ost- und Westpreußen sowie das Großherzogtum Posen waren ausgeklammert. Derweil waren von 1848 bis 1851 die Provinzen Preußen (Ost- und Westpreußen) sowie der Westen und Norden der gespaltenen Provinz Posen Bestandteile des Deutschen Bundes.

Als zukünftige Staatsform verständigte sich die liberale Mehrheit auf eine konstitutionelle Erbmonarchie. Das wichtigste Gesetzgebungsorgan, der Reichstag, sollte aus zwei Kammern bestehen; das Unterhaus (Volkshaus) sollte aus allgemeiner, gleicher und direkter Wahl (für Männer) hervorgehen. Die Verfassung wurde zwar von 28 deutschen Staaten anerkannt, scheiterte jedoch an Preußen, Österreich, Sachsen, Bayern und einigen anderen Staaten, die durch die Konterrevolution erstarkt waren. Als König Friedrich Wilhelm IV. am 3. April 1849 die ihm angebotene Kaiserkrone wegen des ihr anhaftenden „Ludergeruchs der Revolution“ ablehnte, war der Versuch, eine konstitutionell verfasste Nationalversammlung auf parlamentarischem Wege zu gründen, gescheitert. 


Reichsverfassungskampagne und Ende der revolutionären Bewegungen

Ab Mitte 1849 wurden die Errungenschaften wie die Bauernbefreiung und Aufhebung der Pressezensur nach und nach überall zurückgedrängt. Linke, revolutionsbereite Abgeordnete der aufgelösten Nationalversammlung waren nach Stuttgart, der Hauptstadt des Königreichs Württemberg, ausgewichen. Doch auch dieses Rumpfparlament wurde am 18. Juni durch preußische Militärs zerschlagen. Mit der Reichsverfassungskampagne im Mai 1849, die die Frankfurter Reichsverfassung erzwingen wollte, flammten in einigen preußischen Provinzen, im Königreich Sachsen und der bayerischen Pfalz erneut Aufstände auf. Im Großherzogtum Baden, wo am entschiedensten für eine demokratische Republik gekämpft worden war, kam es zur großen Mai-Revolution. Als die letzten Revolutionäre zusammen mit aufständischen Soldaten am 23. Juli 1849 in der Festung Raststatt vor den Bundestruppen kapitulierten, endete die Deutsche Revolution.

In der nachfolgenden Reaktionsära wurden sämtliche demokratische Bestrebungen unterdrückt, politische Vereine verboten, die Pressefreiheit aufgehoben und die Reichsflagge in den Farben Schwarz, Rot und Gold verboten. Der Adel nahm weiterhin eine gesellschaftlich dominierende Stellung ein. Der wiederhergestellte Deutsche Bund hob unter anderem am 23. August 1851 die von der Nationalversammlung beschlossenen Grundrechte auch formal wieder auf. 

Das Ende der Revolution im Deutschen Bund und in den anderen europäischen Ländern löste eine Emigrationswelle nach Übersee aus. Den auf dem Gottesgnadentum beruhenden absolutistischen Restaurationsmächten des Wiener Kongresses von 1814/15 gelang es ab Mitte 1849 in nahezu ganz Europa, die nationalen, liberalen und sozialen Bestrebungen niederzuschlagen. Standrechtliche Erschießungen und hohe Zuchthausstrafen prägten die rigorose Verfolgungswelle. 

Obwohl die Revolutionen scheiterten, wurden in vielen europäischen Ländern Agrarreformen und die Bauernbefreiung abgeschlossen, das Verfassungsprinzip durchgesetzt, eine Parlamentarisierung eingeleitet und individuelle Grundrechte weitgehend gesichert.

 

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