12. Mai 1949: 75. Jahrestag der Aufhebung der Berlin-Blockade
Knapp elf Monate dauerte die totale Blockade des Personen- und Güterverkehrs nach West-Berlin an, die die sowjetische Militäradministration in Reaktion auf die westzonale Währungsreform am 24. Juni 1948 verhängt hatte. In diesen Monaten der Entbehrung entwickelte sich Berlin als „Frontstadt“ des beginnenden Kalten Krieges zum Kulminationspunkt der machtpolitischen und ideologischen Gegensätze zwischen den USA und der Sowjetunion. Die Versorgung der westberliner Bevölkerung konnte durch mit Lebensmitteln, Treibstoff und Gütern des täglichen Bedarfs beladenen Flugzeugen sichergestellt werden, die im Rahmen der westalliierten Luftbrücke im Zwei- bis Dreiminutentakt auf den anfangs zwei und später drei westberliner Flughäfen landeten. Angesichts der massiven Unterstützungsleistungen der Westalliierten und des Durchhaltewillens der westberliner Bürgerinnen und Bürger verfehlten die Sowjets ihre mit der Blockade anvisierten Ziele und hoben sie schließlich am 12. Mai 1949 auf – einem rückblickend unterschätzten Datum der deutschen Demokratiegeschichte.
Vorgeschichte der Blockade: Scheitern der Viermächtepolitik und Währungsreform
Zwischen den vier Hauptsiegermächten des Zweiten Weltkriegs, die bis 1945 gemeinsam gegen den Nationalsozialismus gekämpft und nach der bedingungslosen Kapitulation im Mai 1945 gemeinsam die oberste Regierungsgewalt im besiegten Deutschland übernommen hatten, trat der Dissens in der deutschen Frage in den Jahren 1946/1947 immer offener zutage, sodass die interalliierte Deutschlandpolitik spätestens 1948 endgültig scheiterte. Während die Sowjetunion sich perspektivisch als einzige legitime Besatzungsmacht in der Viersektorenstadt Berlin sah, wuchs bei den von den USA geführten Westalliierten der politische Wille, die als Enklave in der sowjetischen Besatzungszone gelegene ehemalige Reichshauptstadt als Symbol des westlichen Freiheitsverständnisses um jeden Preis zu halten. Dennoch lehnten die Westalliierten die Einbeziehung Berlins in die Währungsreform vom 20. Juni 1948, wie sie die deutsche Sachverständigenkommission im Konklave von Rothwesten zuvor empfohlen hatte, zunächst ab. Lediglich die drei Westsektoren erlebten am Morgen des 21. Juni das „Wunder“ von über Nacht wiedergefüllten Schaufenstern. Nachdem es bereits seit Beginn des Jahres 1948 zu „technischen Störungen“ auf den Verkehrswegen nach West-Berlin gekommen war, kündigte die sowjetische Besatzungsmacht bereits am Tag der Verkündung der westzonalen Währungsreform, dem 19. Juni, eine totale Blockade aller Land-, Schienen- und Wasserwege nach West-Berlin an und setzte schwere Strafen auf die Einfuhr der D-Mark nach Ost-Berlin, um ihr Währungsgebiet zu schützen. Nach der ostzonalen Währungsreform am 24. Juni führten die Westalliierten am 25. Juni schließlich auch in den Berliner Westsektoren die (für Berlin mit einer B-Lochung versehene) neue Deutsche Mark ein. Damit war die wirtschaftliche Teilung Deutschlands in zwei Währungsgebiete besiegelt, die die politische Teilung vorwegnahm.
West-Berlin unter sowjetischer Blockade
Im Rahmen der von US-Militärgouverneur Lucius D. Clay initiierten, sogenannten „Luftbrücke“ (air lift) transportierten die Westalliierten in den knapp elf Monaten der Blockade mit rund 213.000 Flügen Lebensmittel, Medikamente, Brenn- und Treibstoff über die Flughäfen Gatow, Tempelhof und ab November 1948 Tegel in die Berliner Westsektoren und sicherten so das Überleben der dortigen Bevölkerung. Eine entscheidende Rolle für das Gelingen dieser logistischen Meisterleistung spielten Frankfurt am Main als logistisches Drehkreuz sowie der Flugplatz Wiesbaden-Erbenheim. Umso bemerkenswerter wirkt der Einsatz der westlichen Besatzungsmächte, die in der Sicherung der Lebensfähigkeit Berlins ein Symbol für ihre Entschlossenheit im machtpolitischen Ringen mit der Sowjetunion sahen, unter dem Gesichtspunkt, dass auch in Frankreich und Großbritannien noch Jahre nach dem Kriegsende Lebensmittel rationiert werden mussten. Zu dieser ideologischen Aufladung vom „Berliner Überlebenskampf“ trug auch der Berliner Oberbürgermeister Ernst Reuter bei, der in seiner berühmten Rede im Zusammenhang mit der Demonstration für Freiheit vor dem Berliner Reichstagsgebäude am 9. September 1948 folgenden Satz formulierte: „Ihr Völker der Welt! […] Schaut auf diese Stadt und erkennt, dass ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben könnt!“ Trotz der massiven Unterstützung grassierten in den Westsektoren in diesen Monaten Hunger und Not.
Aufhebung und Folgen der Blockade
Die Westalliierten begegneten der Blockade ab September 1948 mit einem Teil-Embargo gegenüber der Ostzone. Vor diesem Hintergrund begannen im Februar 1949 zwischen ihnen und der sowjetischen Besatzungsmacht geheime Verhandlungen, die in das Jessup-Malik-Abkommen vom 4. Mai 1949 mündeten. Auf dessen Basis wurde die Blockade in der Nacht vom 11. auf den 12. Mai 1949 – vier Tage nach der Unterzeichnung des Grundgesetzes der künftigen Bundesrepublik – aufgehoben. Ihr zentrales Ziel, die Einverleibung des gesamten Berliner Stadtgebiets in die sowjetische Besatzungszone, hatte die sowjetische Militäradministration verfehlt. Darüber hinaus führte die Bedrohung durch den Sowjetkommunismus in weiten Teilen der westdeutschen Bevölkerung zu dem Wunsch einer engen Bindung an den Westen und an die USA als Schutzmacht und resultierte in einem Zusammenrücken der drei Westalliierten im Angesicht der Sowjetunion als gemeinsames Feindbild. Damit hatte die erste Berlin-Krise weitreichende Folgen nicht nur für die westberliner Bevölkerung, sondern auch für die deutsche und internationale Geschichte in der Periode zwischen 1949 und 1989/90.
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