1. Juli 1948: 75. Jahrestag der Übergabe der „Frankfurter Dokumente“, der Geburtsurkunde der Bundesrepublik, an die Regierungschefs der westdeutschen Länder
Im Zuge der Spannungen des aufkommenden Ost-West-Konflikts beschlossen die westlichen Siegermächte und die Benelux-Staaten auf der Londoner Sechsmächtekonferenz vom 23. Februar bis 2. Juni 1948 die sogenannten „Londoner Empfehlungen“. Sie sahen vor, die Regierungschefs der westdeutschen Länder zu ermächtigen, eine Verfassungsgebende Versammlung einzuberufen, um die Gründung eines demokratischen Staats auf ihrem Territorium vorzubereiten. Diesen Auftrag erhielten die Länderchefs am 1. Juli 1948 durch die „Frankfurter Dokumente“, die als Geburtsurkunde der Bundesrepublik gelten. Im Zuge der Spannungen des aufkommenden Ost-West-Konflikts beschlossen die westlichen Siegermächte und die Benelux-Staaten auf der Londoner Sechsmächtekonferenz vom 23. Februar bis 2. Juni 1948 die sogenannten „Londoner Empfehlungen“. Sie sahen vor, die Regierungschefs der westdeutschen Länder zu ermächtigen, eine Verfassungsgebende Versammlung einzuberufen, um die Gründung eines demokratischen Staats auf ihrem Territorium vorzubereiten. Diesen Auftrag erhielten die Länderchefs am 1. Juli 1948 durch die „Frankfurter Dokumente“, die als Geburtsurkunde der Bundesrepublik gelten.
Vorgeschichte
Seit der Potsdamer Konferenz vom 17. Juli bis 2. August 1945 nahmen die politischen und machtstrategischen Gegensätze zwischen den Westmächten und der Sowjetunion immer weiter zu und erschwerten eine gemeinsame Deutschlandpolitik. Auf Betreiben der Amerikaner vereinigten die USA und Großbritannien ihre Besatzungszonen 1947 zur Bizone, um die wirtschaftliche Lage in ihrem Einflussbereich zu verbessern; ein Jahr später erfolgte die Zusammenlegung mit der französischen Zone zur Trizone. Die Initiierung des Marshallplans im April 1948 und die Währungsreform am 20./21. Juni 1948 in den Westzonen hatte die Währungsreform in der Sowjetischen Besatzungszone und die Berlin-Blockade ab dem 24. Juni 1948 durch die UdSSR zur Folge. Bereits am 20. März 1948 war außerdem der sowjetische Militärgouverneur aus dem Alliierten Kontrollrat in Berlin ausgetreten und hatte damit die Vier-Mächte-Verwaltung Deutschlands beendet.
„Londoner Empfehlungen“
Vor diesem Hintergrund beriefen die westlichen Alliierten im Frühjahr und Frühsommer 1948 die Londoner Sechsmächtekonferenz ein. Mit dem Schlusskommuniqué vom 7. Juni 1948, den „Londoner Empfehlungen“, erhielten die Militärgouverneure der Trizone den Auftrag, die westdeutschen Regierungschefs mit der Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung bis zum 1. September 1948 zu beauftragen. Diese sollten eine auf demokratischen Grundsätzen beruhende föderalistische Verfassung beraten und ausarbeiten. Nach ihrer Fertigstellung sollte sie von den Ministerpräsidenten der damaligen neun Länder (ohne das Saarland) und den Bürgermeistern von Bremen und Hamburg den Besatzungsbehörden zur Genehmigung vorgelegt und in einer anschließenden Volksabstimmung von mindestens acht der elf Länder gebilligt werden.
Übergabe der drei „Frankfurter Dokumente“
Am 1. Juli 1948 übergaben die drei westlichen Militärgouverneure Lucius D. Clay (USA), Sir Brian H. Robertson (Großbritannien) und Marie-Pierre Kœnig (Frankreich) im ehemaligen I.G.-Farben-Hauptgebäude, dem damaligen US-Hauptquartier (USFET) für Europa, in Frankfurt am Main diesen, in den „Frankfurter Dokumenten“ niedergelegten Auftrag. Neben dem ersten Dokument, das die Vollmacht zur Erarbeitung einer Verfassung beinhaltete, wies das zweite Dokument den Ministerpräsidenten die Aufgabe zu, die Grenzen und die Größe der Länder zu überprüfen. In dem dritten wurde über die Grundlinien eines Besatzungsstatuts informiert, wie die Befugnisse und Verantwortlichkeiten zwischen der zukünftigen deutschen Regierung und der Alliierten Kontrollbehörde geregelt sein sollte. Demnach hielten die Militärgouverneure an ihrer Zuständigkeit in der Außenpolitik und für den Außenhandel, für die Schaffung einer internationalen Ruhrbehörde sowie für die Gewährleistung der grundlegenden Bestimmungen des Potsdamer Abkommens, also Demilitarisierung, Entnazifizierung und Reparationszahlungen, fest.
Rittersturz-Konferenz in Koblenz
Unter dem Eindruck des Endes des Alliierten Kontrollrats und der amerikanisch-britischen Luftbrücke zur Überwindung der Blockade West-Berlins traten am 8. Juli 1948 die Regierungschefs der Länder im Hotel „Rittersturz“ in Koblenz zusammen, um über die „Frankfurter Dokumente“ zu beraten. Demonstrativ hatte Peter Altmeier, der einladende Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, auch die kommissarische Oberbürgermeisterin von Berlin, Louise Schroeder, eingeladen, obwohl Berlin von den „Frankfurter Dokumenten“ nicht betroffen war. Die Debatte über die Dokumente war von der Sorge geprägt, einen westdeutschen Teilstaat zu schaffen und damit die politische Spaltung Deutschlands zu vertiefen. Insbesondere der sozialdemokratische Staatsrechtler Carlo Schmid, stellvertretender Staatspräsident von Württemberg-Hohenzollern, setzte sich für den provisorischen Charakter der Verfassung ein. In den abschließenden „Koblenzer Beschlüssen“ wurde der Auftrag der „Frankfurter Dokumente“ angenommen, aber statt von „Verfassung“ die Bezeichnung „Grundgesetz“ verwendet und statt von einer „Verfassungsgebenden Versammlung“ war vom „Parlamentarischen Rat“ die Rede, der durch von den Landtagen bestimmte Delegierte und nicht durch direkte Wahlen besetzt werden sollte. Das ausgearbeitete Grundgesetz sollte von den Länderparlamenten, nicht durch eine Volksabstimmung ratifiziert werden.
Niederwald-Konferenz bei Rüdesheim
Die „Koblenzer Beschlüsse“ stießen aufseiten der Militärgouverneure auf massive Vorbehalte, insbesondere bei Clay. Bei der erneuten Zusammenkunft der Ministerpräsidenten am 21. Juli 1948 im Jagdschloss Niederwald bei Rüdesheim mehrten sich die Stimmen, die sich für eine politische und ökonomische Konsolidierung des Westens aussprachen. In zeitgleichen Gesprächen mit Vertretern der Militärgouverneure zeichnete sich deren Kompromissbereitschaft ab. So wurde eine Einigung möglich im Sinne der Konstituierung eines (West-)Staates, dessen provisorischer Zug durch die Bezeichnung „Grundgesetz“ zum Ausdruck kommen sollte, und der Einberufung eines „Parlamentarischen Rats“ anstelle einer „Verfassunggebenden Versammlung“. Auch auf ein Referendum verzichteten die Militärgouverneure. Damit war die Rittersturz-Konferenz ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und zu deren Gründung.
Schon kurz nach der Übergabe der „Frankfurter Dokumente“ schlug der hessische Ministerpräsident Christian Stock (SPD) einen Ausschuss von Sachverständigen vor, der Vorarbeiten für eine künftige Verfassung leisten sollte. Ab dem 10. August 1948 tagte dann der Verfassungskonvent von Herrenchiemsee, dessen Verfassungsentwurf Grundlage für die Ausarbeitung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland im Parlamentarischen Rat wurde.