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17. Juli 1945: 75. Jahrestag Potsdamer Konferenz

„Die Potsdamer Protokolle sind so etwas wie die Asche, die auf Deutschland zurückfiel infolge des von Deutschland entfachten Flächenbrandes und des ausgehenden beispiellosen Leides im Zweiten Weltkrieg. Auch wenn die Statik von Potsdam bereits 1946/47 in beträchtliche Schieflage geriet und der Alliierte Kontrollrat als gemeinsames Verwaltungsorgan keine drei Jahre durchhielt, stand das Grundgerüst von Potsdam, das mal als Provisorium angelegt war, immerhin 45 Jahre“, so HLZ-Direktor Dr. Alexander Jehn.

Nachdem am 7. und 8. Mai 1945 der Zweite Weltkrieg in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht und die nationalsozialistische Schreckensherrschaft beendet worden waren, hatten die Regierungen des Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten von Amerika, die Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken und die Provisorische Regierung der Französischen Republik mit der Unterzeichnung der Berliner Deklaration am 5. Juni 1945 die oberste Regierungsgewalt in Deutschland übernommen. Bereits wenige Wochen nach dieser Deklaration trafen sich die Staatschefs der drei alliierten Siegermächte Sowjetunion, USA und Großbritannien vom 17. Juli bis 2. August 1945 im Potsdamer Schloss Cecilienhof, um über die Neuordnung Europas, Reparationsleistungen, die Verwaltung des besetzten Deutschlands sowie über den noch andauernden Pazifikkrieg zu sprechen. Am Verhandlungstisch saßen Josef Stalin (UdSSR), Harry S. Truman (USA) und Winston S. Churchill (Großbritannien), der Ende Juli von Clement R. Attlee abgelöst wurde, mit ihren jeweiligen Außenministern.

Strittige Punkte während der Konferenz waren u.a. die Grenzen zwischen Polen und Deutschland, die künftige Ordnung Südosteuropas und die Reparationszahlungen Deutschlands. Schließlich einigten sich die drei Siegermächte am 2. August 1945 auf das Potsdamer Abkommen, das die Rechte der Siegermächte regelte.

Darin wurde u.a. die Denazifizierung, Demilitarisierung, Dezentralisierung und Demokratisierung Deutschlands und des wieder von Deutschland getrennten Österreichs festgeschrieben. In der Verlautbarung heißt es u.a.:
„Die Alliierten wollen dem deutschen Volk die Möglichkeit geben, sich darauf vorzubereiten, sein Leben auf einer demokratischen und friedlichen Grundlage von neuem wiederaufzubauen. Wenn die eigenen Anstrengungen des deutschen Volkes unablässig auf die Erreichung dieses Zieles gerichtet sein werden, wird es ihm möglich sein, zu gegebener Zeit seinen Platz unter den freien und friedlichen Völkern der Welt einzunehmen.“
Einig waren sich die drei Siegermächte, Deutschland in vier Besatzungszonen (plus Frankreich) einzuteilen, wobei jede Besatzungsmacht politische Handlungsfreiheit erhalten sollte. Als höchste Regierungsgewalt in Deutschland setzten die Besatzungsmächte den Alliierten Kontrollrat ein, der am 30. Juli 1945 in Potsdam zum ersten Mal tagte und Angelegenheiten, die Deutschland als Ganzes betrafen, gemeinsam und einstimmig entscheiden sollte.

Gemäß Potsdamer Protokoll konnte jede Besatzungsmacht ihre Reparationsansprüche nur aus der von ihr besetzten Zone befriedigen. Während die Westmächte etwa gegenüber dem wiedererstandenen Österreich auf ihre Ansprüche mit Ausnahme des „Deutschen Eigentums“ verzichteten, übernahm die USIA („Verwaltung des sowjetischen Vermögens in Österreich“) innerhalb der von ihr besetzten Zone fast die gesamte Erdölindustrie und die DDSG (Donaudampfschifffahrtsgesellschaft), ca. 300 Industriebetriebe, 150.000 Hektar Grundbesitz sowie Gewerbe- und Handelsbetriebe. Gemäß dem Staatsvertrag von 1955 wurden diese Vermögenswerte später gegen Ablösezahlungen an Österreich rückabgewickelt. In der SBZ (Sowjetischen Besatzungszone) war der Umfang der Demontagen beträchtlich: Im Vergleich mit den 1936 im Bereich der SBZ verfügbaren Kapazitäten wurden die anteiligen Verluste durch die Demontagen wie folgt eingeschätzt: Metallurgische und Metall-Industrie 80 %, Walzwerke 82 %, Zementindustrie 45 %, Papierindustrie 45 %, Energieindustrie 35 %, Textilindustrie 25 % und Braunkohlentagebau 20 %. Der Gesamtwert der Demontagen hat ca. 5 Mrd. Mark betragen. In den drei Westzonen Deutschlands begannen die Demontagen wesentlich später, gingen geordneter vor sich und erreichten insgesamt nur einen Wert von ca. 1,2 Mrd. Mark. Mit den bereits ab 1947 anlaufenden Unterstützungen – auch durch den Marshallplan – wurden die demontierten und manchmal schon recht alten Ausrüstungen sehr kurzfristig durch moderne Anlagen ersetzt und konnten so zur schnellen Wiederherstellung der Konkurrenzfähigkeit beitragen.

Zu weiteren Beschlüssen zählten die Legitimierung der „geordneten und humanen“ Überführung deutscher Bevölkerungsteile aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn sowie Polens Verwaltungshoheit über die deutschen Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie. Jedoch sollte die endgültige Festlegung der deutschen Grenzen erst in einem Friedensvertrag erfolgen. Die Vertreibung der Deutschen hatte aber bereits vorher schon eingesetzt und wurde auch nach der Konferenz oft keineswegs unter „humanen“ Bedingungen vollzogen.

Die im Potsdamer Abkommen festgelegten Ziele wurden in Proklamationen, Gesetze und Befehle umgesetzt, die in den jeweiligen Besatzungszonen durchgeführt wurden. Allerdings lähmte das zunehmende Misstrauen zwischen den Westmächten und der Sowjetunion sowie die Einstimmigkeitsregelung die Arbeit des Kontrollrates. Aus Protest gegen die Empfehlungen der Londoner Sechsmächtekonferenz und die Gründung der „West-Union“ verließ der sowjetische Militärgouverneur Sokolowski am 20. März 1948 die Sitzung des Alliierten Kontrollrates, der daraufhin nicht mehr zusammentrat. Damit endete die gemeinsame Verwaltung durch die vier Siegermächte. Die gemeinsame Besatzungspolitik war gescheitert und führte zur über 40 Jahre anhaltenden Teilung Deutschlands, die sich allerdings schon vorher in den besetzten Gebieten bzw. Besatzungszonen verfestigt hatte. Österreich, ebenfalls nach der Kapitulation in vier Besatzungszonen eingeteilt mit dem Sonderfall Wien, das, wie Berlin, eigens in vier Zonen aufgeteilt war, ging mit dem Staatsvertrag von 1955 einen anderen Weg.

Das Potsdamer Abkommen war letztendlich bis zum 12. September 1990 gültig und wurde erst durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag abgelöst. Dieser brachte die vollständige Souveränität Deutschlands zurück, die überhaupt erst durch den Wiedervereinigungsprozess 1989/90 ermöglicht worden war. Die Grenze zwischen Deutschland und Polen wurde schließlich im deutsch-polnischen Grenzvertrag vom 14. November 1990 geregelt.

Bei der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung können u. a. folgende Publikationen zum Thema bestellt werden: