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03. August 1929: 95. Todestag des Erfinders Emil Berliner

Nach Angaben des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft wanderten im 19. Jahrhundert rund 32 Millionen Europäerinnen und Europäer in die prosperierenden Vereinigten Staaten von Amerika aus. Unter ihnen befand sich nicht nur der im heutigen rheinland-pfälzischen Kallstadt geborene Friedrich („Frederick“) Trump, Großvater des ehemaligen US-Präsidenten und für die US-Wahl im November erneuten kandidierenden Donald Trump, sondern auch der Tüftler Emil Berliner. Getreu dem Credo „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ erfüllte sich Berliners ganz persönlicher „American Dream“, als er 1887 die Schallplatte und das Grammophon erfand. Damit gehörte er zu den vielen westeuropäischen Einwanderern, die zum wirtschaftlichen Erfolg der USA im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert betrugen und so auch indirekt die weltpolitische Führungsrolle legitimierten, die die USA 1917 nach einigem Zögern vorübergehend und nach 1945 schließlich vollständig für sich beanspruchten.

Kindheit, Jugend und Ausbildung

Emil Berliner kam am 20. Mai 1851 als Sohn von Samuel Berliner, der ein Textilgeschäft führte, und dessen Frau Sally (geborene Friedmann) in Hannover zur Welt. Als eines von zwölf Kindern wuchs Emil Berliner behütet, aber in einfachen Verhältnissen in einer deutsch-jüdischen Kaufmannsfamilie auf. Im Alter von zehn bis 14 Jahren besuchte er eine Schule im niedersächsischen Wolfenbüttel und musste während seiner anschließenden Druckerlehre schon früh zum Einkommen der Großfamilie beitragen. Im jungen Alter von 19 Jahren emigrierte Berliner am 27. April 1870 mithilfe eines Freundes seines Vaters an Bord des Hapag-Dampfers „Hammonia“ über New York nach nach Washington, um eine Einberufung ins preußische Militär im Rahmen des deutsch-französischen Kriegs von 1870/1871 zu umgehen.

Leben und Wirken im amerikanischen Exil

Nachdem Berliner anfangs einige Monate in einem Kurzwarengeschäft in Washington tätig war, siedelte er 1874 erneut nach New York über. Dort nahm er Gelegenheitsjobs an, unter anderem im Labor des russischen Chemikers Constantin Fahlberg – dem Entdecker des Süßstoffs Saccharin –, wo er Zylinder und andere Behältnisse spülte. Die wenige freie Zeit verbrachte Berliner am „Cooper Institute“, das damals als Abendkolleg unter anderem in Technischem Zeichnen, Fotografie und Telegrafie ausbildete. Im eigens eingerichteten Labor in seiner Wohnung gelang es dem Tüftler, eine Fernsprechmuschel – eine Art Mikrophon – für das 1876 zu Marktreife fortentwickelte Telefon von Alexander Graham Bell zu entwerfen, das er für einige Zehntausend US-Dollar an dessen Unternehmen verkaufte. Der wirtschaftliche Erfolg seiner Erfindung war für Berliner mit einem enormen sozialen Aufstieg verbunden: So ermöglichte ihm das neugewonnene Kapital Anfang der 1880er-Jahre mehrere Reisen in die hannoveraner Heimat, wo er gemeinsam mit seinem Bruder Joseph die „J. Berliner Telephongesellschaft“ gründete. 1881 nahm Berliner schließlich die amerikanische Staatsbürgerschaft an.

Während er abwechselnd in Großbritannien, Kanada, Deutschland und den USA lebte, gelang ihm die Entwicklung der Schallplatte und des Grammophons, für die er 1887 bzw. 1888 ein Patent anmeldete. Im Gegensatz zum Phonographen, den Thomas Edison im selben Jahr der Öffentlichkeit präsentierte, ließen sich Berliners Schallplatten auch massenweise fertigen. Die Massenproduktion der anfangs aus Hartgummi gefertigten Platten wurde in erster Linie durch die Verwendung des charakteristischen Schellacks, der ab 1889 flächendeckend zum Einsatz kam, ermöglicht. Auf der Technik der Schallplatte, die die Musikwelt revolutionierte, baute in den 1980er-Jahren auch ihre Nachfolgerin, die CD, auf. Darüber hinaus gründete Berliner 1893 die „United States Grammophone Company“, die als erstes Unternehmen der Welt Schellackplatten kommerziell produzierte und vertrieb, sowie 1895 die „Berliner Grammophone Company“. Auch in Großbritannien und in Deutschland („Deutsche Grammophon-Gesellschaft“) gründete Berliner in den Folgejahren vergleichbare Unternehmen. Die 1900 in Berlin-Kreuzberg eröffneten „Emil Berliner Studios“ der deutschen Zweigstelle wurden im Rahmen eines alliierten Luftangriffs im Zweiten Weltkrieg zerstört. Unter anderem Namen und inzwischen in Hannover bestehen sie nichtsdestotrotz bis heute fort. Abgesehen von den Erfindungen im Bereich Tonträger und Musik gehen auf Berliner auch frühe Entwürfe von Hubschraubermotoren zurück, die er gemeinsam mit seinem Sohn, dem Flugzeug- und Helikopterpionier Henry Berliner, anfertigte und praktisch erprobte. Am 03. August 1929 verstarb Emil Berliner 78-jährig in seiner Wahlheimat Washington D.C.

Deutsche Auswanderinnen und Auswanderer im US-Exil im 19. Jahrhundert

Die zentralen Motive für die etwa 32 Millionen Europäerinnen und Europäer, die im 19. Jahrhundert ihre Heimat Richtung USA verließen, waren wirtschaftlicher und politischer Natur. Unter ihnen stellten deutsche Auswanderinnen und Auswanderer die größte Gruppe. Viele von ihnen flohen aus den prekären wirtschaftlichen und Lebensverhältnissen, die sich im Zuge der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem in den städtischen Industriegebieten entwickelten. Auch für Emil Berliner als eines von zwölf Kindern mögen wirtschaftliche Verheißungen, angeregt durch Erzählungen vom guten Leben auf der anderen Seite des Atlantik, ein bedeutsamer Hintergrund seiner Überfahrt in die USA gewesen sein. Für andere stellten politische Repression – etwa im Zusammenhang mit der gescheiterten Revolution von 1848/1849 – oder Diskriminierung, zum Beispiel gegenüber Juden, die treibenden Kräfte hinter der Emigration dar. Die teure und nicht ungefährliche Ozeanüberquerung konnten nicht alle Auswanderungswilligen finanzieren, obwohl sich Mitte des 19. Jahrhunderts in einigen deutschen Regionen wahre „Auswanderungsagenturen“ etablierten, die neben der Überfahrt selbst auch die Reise zum nächstgelegenen Hafen organisierten und sich um die Verwaltung des zurückgelassenen Vermögens kümmerten. Emil Berliner kann vor diesem Hintergrund als ein schillerndes Beispiel für ein geglücktes deutsches Auswanderungsschicksal in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelten.

Bei der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung sind unter anderem folgende Publikationen zum Thema erhältlich: