Die Jahrhundertglocke und die vier Apoldaer Glocken für die Paulskirche - Eine vergessene Nachkriegsgeschichte
Die Paulskirche in Frankfurt am Main wird beinahe intuitiv mit Demokratie, Parlamentarismus und Rechtsstaatlichkeit verbunden. Sie gilt neben der Nikolaikirche in Leipzig, dem Nationaltheater in Weimar und dem Hambacher Schloss als das bedeutendste deutsche Demokratiesymbol. Als solches steht die Paulskirche für das Werden des deutschen Parlamentarismus, für das Entstehen einer deutschen Parteienlandschaft und für die erste demokratische Verfassung Kleindeutschlands ohne die deutschen Länder der Habsburgermonarchie. Sie steht aber auch für die demokratische Tradition der Bonner Republik und für die Westintegration der westlichen Besatzungszonen nach dem Zweiten Weltkrieg. So war die Architektursprache der wiederaufgebauten, aber nicht rekonstruierten Paulskirche eine völlig andere als etwa die des Buchenwald-Denkmals in Weimar als zentrales Denkmal des Antifaschismus in der DDR.
Nachdem alliierte Bomben sie im März 1944 fast vollständig zerstört hatten, wurde die Paulskirche nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als eines der ersten Bauwerke in Frankfurt wiederaufgebaut. Davon, dass in den ersten Nachkriegsjahren noch der Glaube an einen gesamtdeutschen demokratischen Neubeginn überwog, zeugen die fünf zivilen Glocken, die 1948 im Rahmen des Wiederaufbaus gestiftet wurden. Neben der hier ausgestellten Jahrhundertglocke aus der britischen Besatzungszone stehen vier kleinere Glocken aus dem thüringischen Apolda in der sowjetischen Besatzungszone als Zeichen für diese angedachte bleibende Einheit. Noch vor der friedlichen Revolution in der DDR wurden 1987 die Glocken abgehängt, gingen in den Sammlungsbestand des Historischen Museums Frankfurt über und stehen seitdem in der „Verbannung“ in einem Außenbereich eines Bauhofes.
Die Glocken und ihre Macher – Künstler hinter den Glocken und Handwerker in und um die Paulskirche 1848 und 1948
Was zeichnet eigentlich eine Glocke aus? Welche Inschriften und Insignien finden sich auf der Jahrhundertglocke und den Apoldaer Glocken? Welche Künstler und Institutionen waren an der Fertigung der Jahrhundertglocke und der Glocken aus Apolda beteiligt?
Ein reines „Professorenparlament“? – Handwerker in der Paulskirche 1848 und 1948
Wer waren die Handwerker in der Frankfurter Nationalversammlung von 1848 und welche Bedeutung hatten sie? Welche Rolle spielte das Handwerk beim Wiederaufbau der zerstörten Paulskirche nach dem Zweiten Weltkrieg?
Eine vergessene Nachkriegsgeschichte? – Die fünf Glocken in der Paulskirche nach 1948
Aus der intensiven Beschäftigung mit der spannenden Geschichte der Jahrhundertglocke sowie der vier Apoldaer Glocken in der Paulskirche ergeben sich weitere Fragen:
Handelt es sich bei der Geschichte der Jahrhundertglocke und den vier Apoldaer Glocken um eine vergessene Nachkriegsgeschichte? Warum wurden sie abgehangen? Hatten zivile Glocken als politische Symbole in der Bonner Republik und im Ausland ausgedient und wurden anschließend vergessen?
Die historische Rückschau – Für was stehen die abgehängten Glocken in der Paulskirche aus heutiger Perspektive?
Aus der wechselvollen Geschichte der fünf Glocken in der Paulskirche können spannende Fragen mit Bezug zur Gegenwart entstehen: Für was stehen die abgehängten Glocken der Paulskirche heute? Für den Wunsch des schnellen Wiederaufbaus im zerstörten Deutschland? Oder, größer gedacht, für einen für möglich gehaltenen gesamtdeutschen, demokratischen Neubeginn nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges und den beispiellosen Verbrechen im Nationalsozialismus?
Weitere Informationen zu Aufbau, Arbeit und Nachwirkungen der Nationalversammlung von 1848 sowie einen 360°-Rundgang durch die Frankfurter Paulskirche finden Sie hier.