„Vorwärts im antiimperialistischen Befreiungskampf“ – Entstehungsgeschichte und Gründung der Hepp-Kexel-Gruppe 1982
Am Abend des 13. Dezember 1982 treffen sich in einer konspirativen Wohnung in einem Hochhauswohnkomplex in der Hanauer Landstraße 497 in Frankfurt am Main sechs Männer. Ihre Namen: Odfried Hepp, Walther Kexel, Dieter Sporleder, Hans-Peter Fraas, Helge Blasche und Ulrich Tillmann. Ihr Ziel: Bombenanschläge gegen US-Soldaten durchführen. Sie haben sich akribisch auf diesen Abend vorbereitet. Die Männer kennen sich zum Teil seit vielen Jahren. Sie verbindet ein militanter und hasserfüllter Antiamerikanismus. Die in der Bundesrepublik stationierten US-Soldaten werden von der Gruppe, die bis zum Zeitpunkt der Festnahme ihrer Mitglieder keinen Namen hat, als „Besatzermacht“ wahrgenommen und als klares Feindbild markiert. Dem geheimen Treffen am Abend des 13. Dezembers 1982 in der konspirativen Wohnung in Frankfurt am Main war eine Radikalisierung, Militantisierung und ideologische Neuausrichtung neonazistischer Einzelpersonen vorausgegangen. Die Geschichte der Gruppe, die bis heute von den Medien und in der Wissenschaft nach ihren beiden Führungsfiguren als Hepp-Kexel-Gruppe (HKG) bezeichnet wird, ist in der hessischen und bundesdeutschen Erinnerungskultur nahezu fast vollständig vergessen worden.
Aufgrund ihrer ideologischen Ausrichtung stellte die Gruppe eine Besonderheit in der bundesdeutschen Gewaltgeschichte dar. Und das, obwohl Antiamerikanismus unter dem Deckmantel eines vermeintlichen Antiimperialismus bis heute eine wichtige integrative Rolle in verschiedenen rechtsradikalen bis rechtsmilitanten Weltbildern besitzt. Odfried Hepp und Walther Kexel hatten nach dem Vorbild der Roten Armee Fraktion (RAF) und den Revolutionären Zellen (RZ) eine bewaffnete geheime Struktur aufgebaut. Sie hatten Banken überfallen, Erddepots im gesamten Rhein-Main-Gebiet mit Waffen und Geld angelegt, Autos geklaut und die konspirative Wohnung in der Hanauer Landstraße 497 anmieten lassen. Zusätzlich zur bewaffneten Strategie plante ein Teil der Gruppe, einen politischen Arm nach dem Vorbild der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) aufzubauen.
Wer oder was war aber die Hepp-Kexel-Gruppe? Wer waren ihre Mitglieder und was waren ihre Ziele? Welche Rolle spielte das Rhein-Main-Gebiet für die Gruppe? Wie kamen Personen aus verschiedenen neonazistischen Milieus auf die Idee, einen Brückenschlag zu den zwei größten sogenannten „linksterroristischen Gruppierungen“ der Bundesrepublik, der RAF und den Revolutionären Zellen, zu forcieren?
Die Geschichte der Hepp-Kexel-Gruppe – Eine vergessene Geschichte rechter Gewalt?
Rechte Gewalt in Hessen hinterlässt bis heute blutige Spuren, Trauer und Angst. Die Hepp-Kexel-Gruppe gehört in der Geschichts- und Politikwissenschaft zu den besser erforschten rechten Gewaltgruppen in der Geschichte der Bundesrepublik. Sie nimmt aufgrund ihrer personellen Zusammensetzung, ihres teilklandestinen Gruppenkonzeptes sowie ihrer geplanten, aber nie durchgeführten Publikations- und Politikpraxis eine besondere Rolle in der Geschichte rechter Gewaltgemeinschaften in der Bundesrepublik Deutschland ein. Trotzdem ist die Geschichte der Hepp-Kexel-Geschichte und ihrer Opfer – in Deutschland stationierte US-Soldaten – heute vergessen worden.
Wenn überhaupt in Deutschland an Gewalt gegen die in der Bundesrepublik stationierten US-Soldaten erinnert wird, dann häufig im Kontext linker Gewalt und speziell mit Blick auf die RAF-Mitglieder als Täterinnen und Täter. Viele der Anschläge gegen US-amerikanische Militäreinrichtungen ohne Personenschäden, die unter anderem verschiedene autonom agierende Revolutionäre Zelle in den 1970er und 1980er Jahren auch im Rhein-Main-Gebiet durchführten, wurden ebenfalls vollständig vergessen. Generell lässt sich feststellen, dass sehr selektiv an Opfer politischer Gewalt in der Bundesrepublik erinnert und gedacht wird. Doch besonders US-Soldaten, die immer wieder und speziell in den 1970er und 1980er Jahren zu Zielen verschiedener Formen von politischer Gewalt wurden, spielen in der bundesdeutschen Erinnerungskultur keine Rolle. Häufig liegt der Fokus der historisierenden Berichterstattung im Themenfeld politische Gewalt auf den Täterinnen und Tätern und weniger auf den Opfern. Aber auch die Hepp-Kexel-Gruppe, ihre Mitglieder und deren Aktionen und Taten wurden vergessen.
Uffa Jensen, Heisenberg-Professor der Deutschen Forschungsgemeinschaft am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin, schrieb zur Problematik:
„Dieses aggressive Vergessen der rechten Gewalt ist aus meiner Sicht eines der größten gesellschaftlichen und politischen Probleme der Bundesrepublik.“
Uffa Jensen: Ein antisemitischer Doppelmord. Die vergessene Geschichte des Rechtsterrorismus in der Bundesrepublik, Berlin 2022, S. 9.
Viele Fachwissenschaftlerinnen und Fachwissenschaftler, Journalistinnen und Journalisten sowie Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der politischen Bildung mit einem Arbeitsschwerpunkt auf politische Gewalt haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten dieses Problem in verschiedenen Formulierungen immer wieder zum Ausdruck gebracht, häufig vergeblich. Die Geschichte der Hepp-Kexel-Gruppe zeigt jedoch, wie wichtig es ist, über historische Formen politischer Gewalt informiert zu sein, da die zentralen Ideologien – Antiamerikanismus und vermeintliche Besatzungsnarrative gegenüber der US-Armee in Deutschland – weiterhin virulent sind. Die Radikalisierung und Militantisierung der Mitglieder der Hepp-Kexel-Gruppe macht deutlich, wie eine Mischung aus Ideologie, radikalen Milieuzugängen, internationalen Gewaltnetzwerken, der Zugang zu Waffen sowie die Weitergabe von militärischem Know-how dazu führte, dass aus militanten Rechtsradikalen antiimperialistisch argumentierende Rechtsterroristen wurden.
Radikalisierung und Militantisierung rechter Einzelpersonen und Gruppen in den 1970er Jahren
Die Gruppe um Odfried Hepp, Walther Kexel, Dieter Sporleder, Hans-Peter Fraas, Helge Blasche und Ulrich Tillmann entstand demnach keineswegs im luftleeren Raum. Die Radikalisierungsprozesse der späteren Mitglieder der HKG zeigen deutlich, wie eng deren Lebenswege mit der Radikalisierung und der zunehmenden Militantisierung in den sehr unterschiedlichen und teils konkurrierenden rechten Milieus der 1970er Jahre verbunden waren. Helge Blasche besuchte im Sommer 1977 den „Deutschland-Tag“ der NPD und trat danach in die Partei ein. Walther Kexel wurde 1978 Mitglied in der NPD-Jugendorganisation und übernahm die Rolle des Kassenwartes in der Frankfurter NPD. Dieter Sporleder, ein DDR-Flüchtling, besuchte aufgrund seiner „Opposition gegen alles ‚Linke‘“ 1979 den NPD-Landesparteitag in Gießen. Sporleder und Kexel lernten sich dort kennen. Beide empfanden jedoch die Partei und deren Politik als zu inaktiv.
Nach weiteren Enttäuschungen in „rechtsorientierten Gruppen“ fuhren Sporleder, Kexel und Blasche 1979 zu einer Tagung militanter rechter Gruppen und Strukturen in Stade. Bei dieser Tagung wollten sich verschiedene militante rechte Strömungen zu einer Gruppe vereinigen. Dort lernten sich zunächst Sporleder und Blasche kennen. Gemeinsam trafen alle drei auf Friedhelm Busse, den Anführer der Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands / Partei der Arbeit (VSBD). Zwar scheiterte bei diesem Zusammentreffen aufgrund von sehr unterschiedlichen Positionen und konkurrierenden Führungsansprüchen die Vereinigung der militanten rechten Strukturen und Gruppen. Dennoch gründeten Sporleder, Kexel und Blasche im Anschluss einen Landesverband der VSBD in Hessen. Sporleder wurde dessen Vorsitzender, Kexel dessen Stellvertreter. Zu den bekanntesten Personen der Frankfurter militanten rechten Szene gehörte neben Walther Kexel und Dieter Sporleder zweifelsohne Frank Schubert.
Frank Schubert galt als „rechte Hand“ von Friedhelm Busse, bis er aufgrund eines tätlichen Angriffs auf ein weiteres Mitglied der VSBD aus der Organisation ausgeschlossen wurde. Die führenden Akteure der VSBD in Hessen und der Frankfurter Szene kooperierten eng mit militanten rechten Strukturen im gesamten Rhein-Main-Gebiet und pflegten bereits zu diesem Zeitpunkt zahlreiche nationale und transnationale Kontakte zu bewaffneten rechten Personen und Gruppen im Ausland. Schubert und Kexel entwickelten in dieser Zeit erste gemeinsame Pläne für bewaffnete Aktionen, für die sie Waffen benötigten. Nach der späteren Aussage von Walther Kexel kam es jedoch bereits Mitte 1980 zu einem ersten Bruch zwischen ihm und Schubert. Dennoch arbeiteten beide Ende 1980 wieder eng zusammen.
Bei dem Versuch, am 24. Dezember 1980 Waffen über die deutsch-schweizerische Grenze zu schmuggeln, wurde Schubert von zwei Grenzbeamten gestört. Schubert erschoss beide Grenzbeamten und tötete sich kurz darauf selbst. Der Suizid Frank Schuberts löste einen weiteren Radikalisierungsschub bei Walther Kexel aus. Kexel attackierte im Januar 1981 bei einem Angriff in der Frankfurter U-Bahn ein Mitglied der „antifaschistischen Bürgerinitiative“ und wurde wegen menschenverachtender Beleidigungen gegenüber einem burundischen Staatsangehörigen am 31. Juli 1981 erneut polizeilich registriert. Es kam zu weiteren politisch motivierten Übergriffen und Angriffen auf „politische Gegner“ und „Ausländer“ in Frankfurt am Main.
Ulrich Tillmann, der als letzter zur Gruppe um Sporleder, Kexel und Blasche stieß, war Mitglied der Wiking-Jugend. Die Wiking-Jugend war eine bereits 1952 gegründete neonazistische Kinder- und Jugendorganisation, die als Kaderschmiede rechtsradikaler und militanter rechter Gruppen galt. Wie genau sich Tillmann und Sporleder kennenlernten, ist unklar. Hans-Peter Fraas nahm im Alter von 14 Jahren Kontakt zur Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG) auf. Nach seiner Entlassung bei der Deutschen Bundesbahn am Tag der Verbotsverfügung der WSG am 30. Januar 1980 durch das Bundesministerium des Innern reiste er im Dezember 1980 gemeinsam mit Karl-Heinz Hoffmann und der WSG-Ausland in den Libanon.
Odfried Hepp wurde im Sommer 1970 mit zwölf Jahren Mitglied des Bundes Heimattreuer Jugend (BHJ) in Sinzheim und beteiligte sich dort an Oster-, Pfingst-, Sommer-, Herbst- und Winterlagern. Hepp arbeitete sich schnell in der Gruppenhierarchie nach oben. Er wurde zum Standortführer Schwarzwald ernannt. Ende 1977 wechselte er aufgrund von strategischen Meinungsverschiedenheiten mit der BHJ-Bundesführung in die Wiking-Jugend. Schon ab diesem Zeitpunkt sagte ihm die militant-neonazistischen Ausrichtung des bundesweiten rechten Zentrums bei den Eheleuten Ursula und Curt Müller in Mainz-Gonsenheim besser zu. Ursula und Curt Müller waren führende Mitglieder der sognannten NSDAP-Aufbauorganisation und erklärten ihr Anwesen zum Stützpunkt der NSDAP in Rheinland-Pfalz. Nationale und internationale militante rechte Einzelpersonen und Gruppen trafen sich regelmäßig im Anwesen der Müllers, dem rechten Netzwerkknoten im Rhein-Main-Gebiet. Hepp entwickelte ein enges Verhältnis zum Ehepaar Müller und stieg erneut schnell in der gruppeninternen Hierarchie der Wiking-Jugend auf. Zunächst wurde er zum Horstführer Ortenau und anschließend zum Gauführer Schwaben als Nachfolger ernannt. Gemeinsam mit Mitstreitern gründete er die Wehrsportgruppe Schlageter, die im März 1979 in die Wiking-Jugend integriert wurde. Aufgrund einer drohenden Haftstrafe setzte sich Odfried Hepp zusammen mit anderen Mitgliedern der Wehrsportgruppe Hoffmann in den Libanon ab. Um dieses Vorhaben zu finanzieren, führte Hepp gemeinsam mit Frank Schubert am 3. Juli 1980 einen Banküberfall in Bad Homburg durch. Die erbeutete Summe war deutlich größer als angenommen. Mit seinem Anteil konnte Hepp die Kosten der Libanon-Reise mit Karl-Heinz-Hoffmann bezahlen. Odfried Hepp verfügte demnach bereits vor seinem Aufenthalt im Libanon bei der WSG-Ausland über direkte Verbindungen in die Frankfurter militante rechte Szene.
Am 26. Juli 1980 endete die bürgerliche Existenz von Odfried Hepp mit dem Aufbruch in den Libanon. Fraas und Hepp lernten sich im Libanon nach dem ersten von zwei Fluchtversuchen von Hepp aus dem WSG-Camp kennen. Bis Mitte Juni 1981 hielten sich Odfried Hepp, Hans-Peter Fraas und weitere Mitglieder der WSG-Ausland im Camp Bir Hassan in Beirut auf. Hepp und Fraas konnten mit einer dritten Person am 15. Juni 1981 vor der Folter, der sie durch die eigenen „Kameraden“ ausgesetzt waren, aus dem Camp fliehen. Sie stellten sich in der deutschen Botschaft in Beirut den westdeutschen Behörden und wurden nach umfangreichen Aussagen nach Frankfurt am Main ausgeflogen. Nach der Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland am 16. Juni 1981 wurde Odfried Hepp aufgrund seines militanten und uneinsichtigen Auftretens vor der Staatsschutzkammer des Landesgerichts Karlsruhe auch wegen früherer Delikte zu 16 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Hepp wurde als Ersttäter nach der regulären Verbüßung von zwei Dritteln seiner Strafe unter Anrechnung der bereits in Untersuchungshaft verbrachten Zeit am 14. Dezember 1981 aus der Justizvollzugsanstalt Frankenthal entlassen.
Kennenlernen zwischen Odfried Hepp und Walter Kexel
Der erste Anlaufpunkt für Hepp nach seiner Haftentlassung war erneut das Anwesen der Müllers in Mainz-Gonsenheim, in dessen Umfeld bereits die Vorbereitungen zu den Feierlichkeiten der Wintersonnenwende in der Nacht vom 21. auf den 22. Dezember 1981 stattfanden Bei diesen Feierlichkeiten in Mainz lernten sich Odfried Hepp und Walther Kexel kennen.
In der Phase zwischen dem Tod von Frank Schubert im Dezember 1980 und dem Kennenlernen von Odfried Hepp im Dezember 1981 hatte sich die ideologische Ausrichtung von Walther Kexel grundlegend verändert. Die ständigen Enttäuschungserfahrungen im rechten Milieu führten dazu, dass Kexel Kontakte zur RAF-Unterstützerszene im Rhein-Main-Gebiet und zur irischen Provisorial Irish Republican Army (PIRA) aufzubauen versuchte. Ziel dieser Kontaktversuche war es aus der Sicht von Kexel, sich aus der festgefahren Situation der neonazistischen Gruppen im Rhein-Main-Gebiet zu lösen. Trotzdem banden Kexel zunächst noch freundschaftliche Beziehungen an die neonazistischen Milieus in der Bundesrepublik. Eine wichtige Bezugsperson stellte Peter Naumann dar, ein szenebekannter Sprengstoffexperte, der Hepp und Kexel neben Bombenbauanweisungen auch in klandestinen Verhaltensweisen unterrichtete. Nach ihrem Kennenlernen planten Hepp und Kexel gemeinsam mit Naumann einen Sprengstoffanschlag in bisher unbekannter Dimension auf das alliierte Kriegsverbrechergefängnis in Berlin-Spandau. Im alliierten Kriegsverbrechergefängnis war Rudolf Heß inhaftiert, 1933 von Hitler zum Stellvertreter in der NSDAP-Parteileitung ernannt und in den Nürnberger Prozessen wegen Planung eines Angriffskrieges und Verschwörung gegen den Weltfrieden zu lebenslanger Haft verurteilt. Im Verlauf der Planungen kam es aufgrund der zunehmend deutlich hervortretenden ideologischen Unstimmigkeiten zu Streitigkeiten zwischen Hepp sowie Kexel auf der einen und Naumann auf der anderen Seite, sodass der Plan nicht in die Tat umgesetzt wurde.
Der Prozess gegen die Deutschen Aktionsgruppen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse für den „bewaffneten Kampf“ der Hepp-Kexel-Gruppe
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Bildung der HKG war der Auftakt des Prozesses gegen die im September 1980 von den Sicherheitsbehörden zerschlagenen Deutschen Aktionsgruppen um Manfred Roeder im Januar 1982. Ein Großteil des Weltbildes von Odfried Hepp baute zu dieser Zeit noch auf der Ideologie seines „Ziehvaters“ Manfred Roeder und der Adaption von Versatzstücken neurechter Theoriefragmente auf. Hepp lernte Roeder, der kurzzeitig Mitglied der CDU war, bereits im Jugendalter kennen und sah lange Zeit zu ihm auf. Die Überlegung von Roeder, eine „Superopposition“ mit der Sowjetunion aufzubauen, hatte großen Einfluss auf die später von Hepp vorgeschlagene „nationale Superopposition“ zwischen RAF, RZ, der DDR und der HKG im Theorietext „Abschied vom Hitlerismus“.
Den Prozessauftakt gegen die Deutschen Aktionsgruppen am 18. Januar 1982 in Stuttgart-Stammheim verfolgte Hepp persönlich im Zuschauerraum. Er war der Ansicht, dass Roeders Gruppe insbesondere zwei konzeptionelle Fehler begangen hatte. Der Gruppe habe es an einer logistischen Basis gefehlt, bestehend aus Waffen, Geld, konspirativen Wohnungen und Fahrzeugen. Und die Gruppe wurde aufgrund eines Graffitos festgenommen, das ein weibliches Mitglied der Gruppe an eine Wand an einem Anschlagstatort und an eine Autobahnbrücke gesprüht hatte. Hepp erkannte für sich, dass Graffitis, Bekennerschreiben und Manifeste, die mit den Taten in Verbindung gebracht werden konnten, eine geheim agerende Gruppe massiv gefährden konnte. Hepp und Kexel begannen daraufhin mit der Konzeption einer eigenen Gruppe und entwickelten erste Konzeptideen eines praktischen „antiimperialistischen Befreiungskampfes“.
Erster gemeinsamer Banküberfall und Gründung der Hepp-Kexel-Gruppe
Zunächst brauchte die Gruppe – bestehend aus Hepp, Kexel und Fraas – Geld. Hepp besaß zwei Pistolen, Kexel und Fraas besorgten in Straßburg eine Schrotflinte für einen Banküberfall auf die in Heroldsberg ansässige Zweigstelle der Stadt- und Kreissparkasse Erlangen. Für den Überfall wurde in Nürnberg eine konspirative Wohnung angemietet. Am 6. April 1982 führten Hepp, Kexel und Fraas den Banküberfall durch. Sie erbeuteten 42.000 Deutsche Mark und 34.000 Deutsche Mark in Form von Devisen, überwiegend in der italienischen Währung Lire. Zur Feier des geglückten Vorfalles fuhren die drei nach Italien. Dort verabredeten sie weitere Banküberfälle zum Aufbau einer gemeinsamen bewaffneten Gruppenstruktur. Die Hepp-Kexel-Gruppe war damit zunächst nach dem Strafgesetzbuch als „kriminelle Vereinigung“ gegründet. Der Text zur weiteren Radikalisierung und Militantisierung der Hepp-Kexel-Gruppe und der Anschlagsserie gegen die US-Armee und US-Soldaten im Rhein-Main-Gebiet findet sich hier. Zur Gesamtübersicht der Themenwoche „Die vergessene Geschichte der Hepp-Kexel-Gruppe – Gründung und Anschlagsserie gegen US-Soldaten im Rhein-Main-Gebiet 1982" geht es hier.