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16. Dezember 1989: 35. Jahrestag der Umbenennung der DDR-Staatspartei SED in SED-PDS

Die 1946 aus der Zwangsfusion von KPD und SPD hervorgegangene „Sozialistische Einheitspartei Deutschlands“ (SED) steht bis heute als Chiffre für die Parteidiktatur in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Zwar existierten in den 40 Jahren des Bestehens des 1949 gegründeten ostdeutschen Teilstaats noch vier weitere Parteien – die Christlich-Demokratische Union (CDU), die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD), die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NDPD) und die Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD) –, diese waren jedoch als gesteuerte Blockparteien gemeinsam mit der SED in der „Nationalen Front“ zusammengeschlossen. Wählerinnen und Wähler konnten in der DDR bei den Wahlen zur Volkskammer (Parlament) lediglich für oder gegen eine Einheitsliste abstimmen. Gerade weil die SED personell und inhaltlich faktisch und in der Wahrnehmung der Bevölkerung aufs Engste mit dem politischen Betrieb in der DDR verbunden war, stellte die Umbenennung in „SED-PDS“ („Partei des Demokratischen Sozialismus“), die im Dezember 1989 nach dem Fall der Berliner Mauer erfolgte, einen so bedeutsamen Bruch dar. Bereits im Februar 1990 löste die Partei sich gänzlich vom Namen SED und firmierte nach der Wiedervereinigung bis 2005 als PDS, bis sie schließlich in „Linkspartei.PDS“ und 2007 in die noch heute existierende Partei „Die Linke“ umbenannt wurde. Von der Partei „Die Linke“ spaltete sich kürzlich um die bekannte Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht herum das „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“, kurz BSW, ab.

Geschichte der SED

Bereits am 10. Juni 1945, wenige Wochen nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht, genehmigte der Sowjetische Militäradministration auf dem Gebiet ihrer Besatzungszone die Gründung „antifaschistischer“ Parteien. Damit waren Reglementierung und Lizenzierungsverfahren in der SBZ zunächst deutlich weniger restriktiv als in den westlichen Besatzungszonen. Kurz darauf gründeten sich im Osten des besetzen Deutschlands die „Kommunistische Partei Deutschlands“ (KPD) wieder, an deren Aufbau mit einer Gruppe um den Exilkommunisten Walter Ulbricht („Gruppe Ulbricht“) ein organisatorisch und finanziell von der Sowjetunion unterstützter Personenkreis beteiligt war. Im Juni und Juli 1945 gegründeten sich außerdem die SPD wieder sowie die CDU und die „Liberal-Demokratische Partei“ (LPD) neu. Nachdem die KPD anfangs weniger Unterstützung fand, als von der SMAD erhofft, fand am 21./22. April 1946 im Berliner Admiralspalast unter massivem Druck der Militäradministration die Zwangsvereinigung von KPD und SPD zur „Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“ (SED) statt. Sie verstand sich als marxistisch-leninistische Kaderpartei des „Arbeiter- und Bauernstaats“ DDR und konstituierte sich als stark hierarchisch aufgebaute und auf den Generalsekretär des Politbüros des Zentralkomitees ausgerichtete Partei. Historikerinnen und Historiker sind sich in der Bewertung der Zwangsfusion als Schlüsselereignis in der Entstehungsgeschichte der DDR und in der Geschichte der deutschen Teilung weitgehend einig. De facto entwickelte sich in der DDR nach der Staatsgründung am 7. Oktober 1949 ein Einparteienstaat, wobei Funktionäre der SED Ämter aller Gewalten, insbesondere auch der Judikative, und in den gesellschaftlichen Massenorganisationen besetzten. Im Zuge der Verfassungsreform von 1968 wurde der Führungsanspruch der SED sogar in der DDR-Verfassung festgeschrieben.

Regierungs- und Staatskrise 1989

Ein vielfältiges Ursachengeflecht, vor allem jedoch die unzureichende wirtschaftliche Versorgungslage im ständig präsenten Vergleich mit dem westdeutschen Teilstaat und die Reformpolitik von Michail Gorbatschow in der Sowjetunion in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre, gegenüber der sich die SED konsequent sperrte, bedingte 1989 eine Staatskrise in der DDR. Mit dem Abbau der Grenzanlagen zwischen Ungarn und Österreich im Sommer des Jahres begann eine Massenflucht von DDR-Bürgerinnen und -Bürgern, der die politische Führung nicht mehr Herr wurde. Die vorschnelle Verkündung neuer Reisegesetze am 9. November, die zur Öffnung der Berliner Mauer führte, besiegelte den Untergang der SED-Diktatur. Im Rahmen der Regierungskrise war SED-Generalsekretär Erich Honecker bereits am 18. Oktober 1989 zurückgetreten, sein Nachfolger Egon Krenz verschrieb sich öffentlich einer Reformpolitik, musste dann jedoch nach dem Fall der Mauer ebenfalls weichen. Seine Nachfolge trat nach nur wenigen Wochen Hans Modrow an, der den Umbauprozess innerhalb der SED leitete. Gleichzeitig verharmloste er den Schießbefehl an der DDR-Grenze auch in späteren Jahren als „Schusswaffengebrauchsbestimmung“. Modrow hatte zuvor das Amt des Ersten Sekretärs der Bezirksleitung der SED in Dresden innegehabt.

Neben personellen Umbrüchen und einer inhaltlichen Neuausrichtung in Richtung Sozialismus war mit dem Reformkurs auch eine Namensänderung verbunden, die sowohl innerhalb der DDR als auch außen- und deutschlandpolitisch von großer Symbolkraft war. Nicht zuletzt im Zusammenhang mit der teils heftigen Debatte in der Frage, ob die SED-PDS ihrer Verantwortung in der Aufarbeitung der Verbrechen des SED-Unrechtsregimes gerecht wurde, strich die Partei Anfang 1990 schließlich die „Sozialistische Einheitspartei“ aus ihrer Selbstbezeichnung und firmierte fortan bis 2005 rein unter dem Namen PDS.

Wiedervereinigung und Nachfolgeparteien der SED-PDS

Bei den ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März 1990 errang die PDS zwar 66 von insgesamt 400 Sitzen, musste sich damit der CDU-nahen „Allianz für Deutschland“, die 167 Mandate gewann, aber doch deutlich geschlagen geben. Spätestens mit dieser Wahl verlor die Nachfolgepartei der SED endgültig die gesellschaftspolitische Führungsrolle in der DDR, die sie gut 40 Jahre lang für sich reklamiert hatte. Mit dem Einigungsvertrag vom 31. August 1990, den für die DDR der parlamentarische Staatssekretär Günther Krause (CDU) unterzeichnete und den die Volkskammer mit großer Mehrheit annahm, wurde der Beitritt der ehemaligen DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes nach Artikel 23 geregelt. Die PDS, der zwischen 1990 und 1993 der heutige Linkenpolitiker Gregor Gysi vorstand, nahm fortan an Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen im wiedervereinigten Deutschland teil, wobei sie vor allen in den ostdeutschen Bundesländern erfolgreich war. 2005 erfolgte die erneute Umbenennung in „Linkspartei.PDS“. Die Partei erreichte bei den Bundestagswahlen 2005 mithilfe der Kandidatur der Mitglieder der „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigheit“ (WASG) 8,7% der Wählerstimmen. 2007 ging aus dem Zusammenschluss von „Linkspartei.PDS“ und WASG die bis heute existierende Partei „Die Linke“ hervor. Dem aktuellen Bundestag (Legislatur 2021-2025) gehören nach der Gründung des „Bündnis Sahra Wagenknecht“ 2023 28 Abgeordnete der Partei „Die Linke“ an, obwohl sie bei der Bundestagswahl 2021 mit 4,9% der Stimmen knapp an der 5%-Hürde gescheitert war. Über die drei errungenen Direktmandate in Lichtenberg, Treptow-Köpenick und Leipzig II zog „Die Linke“ jedoch trotzdem in den Bundestag ein.

Weiterführende Informationen zum Jahr 1989, dem Jahr der friedlichen Revolution, finden Sie hier. Zur Projektseite des Lern- und Erinnerungsorts Notaufnahmelager Gießen gelangen sie hier.