Zum Hauptinhalt springen

13. Oktober 1948: 75. Jahrestag der Gründung des Hessischen Staatsgerichtshofs

Der seit 2010 in Wiesbaden in der Luisenstraße ansässige Staatsgerichtshof des Landes Hessen ist der Hüter der hessischen Verfassung. Er nahm seine Arbeit bereits drei Jahre vor dem Bundesverfassungsgericht im Jahr 1948 auf.

Die Aufgaben von Landesverfassungsgerichten im Allgemeinen und des Hessischen Staatsgerichtshofs

Die Länder der Bundesrepublik Deutschland haben eigene Verfassungen und jeweils eine eigene Landesgesetzgebung. Sie haben daher auch eine eigene Verfassungsgerichtsbarkeit, die selbstständig neben dem Bundesverfassungsgericht besteht. Die Landesverfassungsgerichte kontrollieren die Gesetzgebung der Länderparlamente und nehmen Klagen von Bürgerinnen und Bürgern entgegen. Schleswig-Holstein hat die Zuständigkeit für Verfassungsstreitigkeiten dem Bundesverfassungsgericht übertragen (nach Art. 99 GG).

Zu den Zuständigkeiten des Hessischen Staatsgerichtshofs gehören die abstrakte und konkrete Normenkontrolle. Bei ersterer wird das Landesrecht auf seine Vereinbarkeit mit der hessischen Verfassung überprüft, bei der zweitgenannten entscheidet er über die Vereinbarkeit von hessischen Gesetzen und Rechtsverordnungen mit der Verfassung des Landes Hessen in einem konkreten Verfahren durch Anrufung durch ein Gericht. Der Hessische Staatsgerichtshof entscheidet im Rahmen einer Ministerklage über die Anklage gegen ein Mitglied der Landesregierung und über Verfahren bei Volksabstimmungen, Volksbegehren und Volksentscheiden. Einen Schwerpunkt seiner Arbeit bilden Grundrechtsklagen, die jeder erheben kann, der geltend macht, dass der Gesetzgeber, eine Behörde oder ein Gericht des Landes Hessen ein Grundrecht verletzt, das ihm die hessische Verfassung gewährt. Zulässig ist sie jedoch nur, wenn zuvor alle gerichtlichen Instanzen ordnungsgemäß angerufen worden sind.

Beim Hessischen Staatsgerichtshof besteht eine Landesanwaltschaft. Sie kann als öffentlicher Kläger selbst Verfahren einleiten und sich an allen Verfahren beteiligen. Der Landesanwalt und sein Vertreter werden vom Landtag für die Dauer seiner Wahlperiode bestellt; sie sind in ihrer Tätigkeit an keine Weisungen gebunden.

Mitglieder und verfassungsrechtliche Grundlagen

Dem Staatsgerichtshof des Landes Hessen gehören elf Mitglieder an. Fünf von ihnen sind Berufsrichter mit einer Amtszeit von sieben Jahren. Sie werden von einem Wahlausschuss gewählt, der aus acht Landtagsabgeordneten besteht; für ihre Wahl ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die anderen sechs Mitglieder werden zu Beginn jeder Legislaturperiode vom Landtag mit einfacher Mehrheit gewählt. Sie werden für jede Wahlperiode des Parlaments neu bestimmt. Der Landtag wählt den Präsidenten und Vizepräsidenten des Staatsgerichtshofs aus der Gesamtheit aller ständigen Mitglieder.

Die Struktur des Hessischen Staatsgerichtshofs, seine Zuständigkeit und das Verfahren sind in den Artikeln 130 bis 133 der hessischen Verfassung und im Gesetz über den Staatsgerichtshof (StGHG) geregelt.

Geschichte

Aus dem Großherzogtum Hessen wurde 1918/19 nach dem Ende der Monarchie und mit der Gründung der Weimarer Republik der Volksstaat Hessen gebildet. Am 20. Februar 1919 gab sich das Land eine demokratische Verfassung („Not-Verfassung“). In der zehn Monate später, am 13. Dezember 1919 in Kraft getretenen Verfassung wurde in Artikel 50 und in dem „Gesetz über den Staatsgerichtshof“ vom 13. Mai 1921 ein Staatsgerichtshof verankert.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs trat am 1. Dezember 1946 die Verfassung des Landes Hessen in Kraft. Anschließend erarbeiteten die Hessische Landesregierung und der Hessische Landtag den Gesetzestext über den Staatsgerichtshof. Unter ihnen waren u.a. Erwin Stein, einer der Väter der hessischen Verfassung, Elisabeth Selbert, eine der vier Mütter des Grundgesetzes, Leopold Bauer, einer der Berater von Bundeskanzler Willy Brandt, und Max Becker, Angehöriger des Parlamentarischen Rats und Gründer der Liberal-Demokratischen Partei Hessen (später FDP). Am 10. Dezember 1947 wurde das Gesetz verabschiedet.

Der Hessische Landtag wählte am 13. Oktober 1948 die ersten Mitglieder des Hessischen Staatsgerichtshofs. Am 3. November 1948 wurden alle Mitglieder vereidigt und nahmen ihre Arbeit auf. Erster Präsident war der bis dahin als Präsident des Landgerichts Limburg amtierende Karl Lehr.