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11. Mai 1981: 41. Todestag von Heinz-Herbert Karry

Am 11. Mai 1981 erschoss eine bis heute unbekannte Person Heinz-Herbert Karry (FDP) in seinem Haus im Frankfurter Stadtteil Seckbach. Mit einer speziell an das Gefälle des Anschlagsortes angepassten Leiter, einer Taschenlampe und der Tatwaffe, einer kleinkalibrigen Pistole High Standard, Modell 103 Long Rifle, betrat um kurz vor 5 Uhr morgens der Täter oder die Täterin das Grundstück der Familie Karry. Der Bungalow verfügte über keine schusssicheren Fenster und das Schlafzimmerfenster war nur angelehnt. Die ersten zwei Schüsse verfehlten den schlafenden Heinz-Herbert Karry, vier weitere Projektile trafen ihr Ziel. Karry erlag wenig später seinen schweren Verletzungen. Heinz Herbert Karry war der erste Minister in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, der durch ein Attentat ermordet wurde. Bis heute konnte durch die Ermittlungsbehörden keine tatverdächtige Person festgenommen werden. Der Fall gilt als einer der größten ungeklärten politischen Mordfälle der Geschichte der Bundesrepublik.

Kaufmann, Politiker, Abgeordneter, Minister

Heinz-Herbert Karry wurde am 6. März 1920 in Frankfurt-Bornheim geboren. Er absolvierte nach der Schule eine kaufmännische Lehre bei der Firma Frankfurter Eisenhandel. Sein Vater Max Karry wurde in der Zeit des Nationalsozialismus als Jude verfolgt. Max Karry wurde 1942 in ein Konzentrationslager deportiert und auch Heinz-Herbert Karry musste als sogenannter „Halbjude christlichen Glaubens“ Zwangsarbeit verrichten. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute sich Karry eine selbstständige Existenz als Vermögensverwalter, Exporteur und Textilgroßhändler auf. Karry trat bereits 1949 in die FDP ein, wurde 1957 Landes- und 1974 Bundesschatzmeister der FDP. Den Grund für seinen Eintritt in die Partei begründete er mit den Worten: „Weil sich nie mehr das wiederholen darf, was in Deutschland 1933 und in den folgenden Jahren der Naziherrschaft geschehen ist.“ In der sozialliberalen Koalition unter Ministerpräsident Albert Osswald (SPD) nahm Karry die Position des stellvertretenden Ministerpräsidenten Hessens ein. Als Minister für Wirtschaft und Technik war Heinz-Herbert Karry ab Dezember 1970 der Entscheider über alle infrastrukturellen Großprojekte in Hessen, die zunehmend in der Kritik der Neuen Sozialen Bewegungen standen: Biblis C, der Ausbau der Startbahn West des Frankfurter Rhein-Main-Flughafens sowie der Bau zahlreicher Bundesstraßen und Autobahnen. Heinz-Herbert Karry bot Angriffsfläche und wurde zum Feindbild verschiedener politischer Spektren.

Ermittlungsarbeit und offene Fragen

Die Tatortaufnahme begann schnell und sah zunächst vielversprechend aus. Zeuginnen und Zeugen berichteten detailliert über ein auffälliges junges Paar in einem roten Fiat, dass sich ab 4 Uhr morgens in direkter Nähe des Grundstückes aufhielt und „Observationen“ durchführte. Die modifizierte Leiter wurde am Haus des Opfers zurückgelassen und die Tatwaffe von Jugendlichen in der Nähe des Tatortes gefunden. Besonders das Entsorgen der Tatwaffe am Tatort und das Ausbleiben eines Bekennerschreibens passte nicht zum sonstigen Vorgehen der Roten Armee Fraktion (RAF) und den Revolutionären Zellen (RZ), die auch deshalb zunächst nicht als wahrscheinlichste Tätergruppen in die engere Ermittlungsarbeit aufgenommen wurden. Der zuständige Generalbundesanwalt Kurt Rebmann sprach trotzdem schon kurz nach dem Mord von einem „terroristischen Hintergrund“ der Tat. Schnell zeigte sich jedoch, dass die Spuren und vermeintlichen Tatbeweise mehr Fragen als Antworten bereithielten. Viele Spuren verliefen sich im Nichts, der Druck auf die Ermittlungsbehörden und den Generalbundesanwalt stieg massiv an. Bis Ende Mai 1981 ermittelte das Landeskriminalamt auf Hochtouren, ohne von nennenswerten Erfolgen berichten zu können. Insgesamt bearbeitete das zuständige Landeskriminalamt Hessen bis heute 1330 Spuren. Der rätselhafte Mord an Heinz-Herbert Karry ist Teil einer langen Reihe ungeklärter politischer Morde in der Geschichte der Bundesrepublik und hinterlässt viele offene Fragen.