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28. Oktober 1962: 60. Jahrestag der Kubakrise – An der Grenze zum Atomkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg stand die Welt mehrfach an der Grenze zu einem nuklearen Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion. Häufig stand Berlin im Zentrum der Konflikte. Im Oktober 1962 richteten sich jedoch die Augen der Weltöffentlichkeit auf die Karibik-Insel Kuba. Was war passiert?

Die USA erweiterten nach immer intensiver werdenden Unstimmigkeiten mit der UdSSR nach dem Zweiten Weltkrieg Schritt für Schritt die nuklearen Bedrohungsszenarien gegen den Systemgegner. Dazu stationierte das US-Militär zahlreiche, mit Atomsprengköpfen bestückte Raketen in Italien sowie der Türkei. Anfang der 1960er Jahre war die USA in der Lage, alle taktisch relevanten Orte in der Sowjetunion innerhalb kürzester Zeit und mit massiven Auswirkungen anzugreifen. Das sowjetische Militär beobachtete diese Entwicklung mit großer Sorge und entwickelte ein militärisches Konzept, um ein Gegengewicht zu dieser aus ihrer Sicht untragbaren Situation zu schaffen. Die Militärführung und die sowjetische Politik um den Regierungschef Nikita Chruschtschow beschloss im Mai 1962, eine hochgeheime Operation vorzubereiten: Operation Anadyr.

Im Zentrum der Überlegungen stand die Stationierung von Truppen und nuklearen Mittelstreckenraketen auf der verbündeten Insel Kuba. Dadurch sollte eine unmittelbare Bedrohung für das amerikanische Festland hergestellt und aus Sicht der Sowjetunion ein erneutes Gleichgewicht der Mächte etabliert werden. Der Aufwand der Operation war immens und einzigartig in der Geschichte des Kalten Krieges. Von unterschiedlichen Sowjet-Militärbasen aus starteten ab Juni 1962 über 80 Schiffe. Mehr als 40.000 sowjetische Soldaten sollten die nuklearen Mittelstreckenraketen nach Kuba transportieren. Die Militäroperation war so geheim, dass die eingesetzten Truppen vorher in die Pläne nicht eingeweiht waren und erst auf hoher See das Ziel ihrer Mission erfuhren. Am 8. Oktober 1962 traf das erste Schiff mit nuklear bestückten Raketen auf Kuba ein. Die sowjetischen Truppen begannen damit, an insgesamt neun Stellen auf der Insel Abschussrampen für die Raketen zu errichten. Bereits seit 1961 führten die USA regelmäßig Überwachungsflüge mit dem US-Aufklärungsflugzeug U-2 über Kuba durch. Am 14. Oktober schließlich gelang es einer U-2, fotografische Aufnahmen von den im Bau befindlichen Raketen-Abschussrampen aufzuzeichnen. Am 22. Oktober forderte US-Präsident Kennedy in einer öffentlich ausgestrahlten Sendung den sofortigen Abbau der Atomraketenstellungen auf Kuba. Zwei Tage später entschloss er sich, Kuba mit Hilfe einer Seeblockade von der Außenwelt abzuschneiden. Kennedy und Chruschtschow verhandelten unter großem Druck über eine Deeskalation der Situation. Am 28. Oktober erklärte sich Chruschtschow unter der Bedingung des Abzugs der US-Atomraketen in der Türkei bereit, die Atomraketen aus Kuba abzuziehen.

Die Kuba-Krise führte in Hessen und der gesamten Bundesrepublik zu Hamsterkäufen, wie wir sie auch zum Beginn der Corona-Pandemie erlebt haben. Da der Zweite Weltkrieg in den Köpfen der Bevölkerung noch gegenwärtig war, wurden in der heißen Phase des Konfliktes besonders Zucker, Mehl, Öle und haltbare Nahrung in großen Mengen gekauft. Auch der Goldpreis stieg massiv in die Höhe. Die Kuba-Krise 1962 verdeutlichte den Menschen, dass globale Krisen im Kalten Krieg eine große Bedrohung für die eigene Sicherheit darstellten. Die Ereignisse und Konflikte im weit entfernten Kuba hatten demnach auch direkte Auswirkungen auf das Sicherheitsempfinden der westdeutschen Gesellschaft.

Bei der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung können u. a. folgende Publikationen zum Thema bestellt werden: