04. Mai 1772: 250. Geburtstag von Friedrich Arnold Brockhaus
Wer hat nicht schon einmal ein Brockhaus-Lexikon in der Hand gehalten? Wer aber kennt den Namensgeber des berühmten Nachschlagewerkes? Friedrich Arnold Brockhaus, Gründer des Verlagshauses F.A. Brockhaus, richtete sich im beginnenden 19. Jahrhundert mit seinen enzyklopädischen Ausgaben, aber auch mit politisch-zeitkritischen und literaturkritischen Journalen an das gebildete Bürgertum. Mit dem „Conversations-Lexikon“, das 1819 in 10 Bänden erschien, wollte er die allgemeine Bildung in Wissenschaft, Kunst und Technik auf verständliche Weise fördern und legte damit den Grundstein für die spätere Brockhaus-Enzyklopädie, die bis Anfang des 21. Jahrhunderts das Nachschlagewerk schlechthin für den deutschsprachigen Raum war. Die größten Konkurrenten von Friedrich Arnold Brockhaus waren übrigens beide Thüringer: Carl Joseph Meyer war 1796 in Gotha geboren, Heinrich August Pierer war zwei Jahre zuvor in Altenburg geboren. Der „Meyers“ sowie der „Pierers“ machten anfangs dem „Brockhaus“ mächtig Konkurrenz.
Herkunft und Ausbildung
Der am 4. Mai 1772 in Dortmund geborene Friedrich Arnold Brockhaus entstammte einer Kaufmannsfamilie. Nach den Vorstellungen seines Vaters Johann Heinrich Brockhaus, dem Inhaber einer Materialwarenhandlung, sollte auch sein Sohn einem kaufmännischen Beruf nachgehen. Brockhaus beendete daher als 16-Jähriger vorzeitig das Dortmunder Gymnasium. 1788 fing er eine kaufmännische Lehre in Düsseldorf an, die er 1793 abbrach, da sie nicht seinen Neigungen entsprach, und kehrte nach Dortmund zurück. Seine große Begeisterung galt der Literatur und Wissenschaft. Auf sein Drängen hin ließ ihn sein Vater 1794 nach Leipzig gehen, wo er Vorlesungen in Philosophie, Physik, Mathematik und Chemie hörte, und das kulturelle Leben der Messestadt kennenlernte.
Unternehmerische Tätigkeit als Warenhändler
Zurück in Dortmund gründete er 1796 mit zwei Partnern ein gut florierendes Unternehmen, das mit englischen Stoffen handelte. 1798 heiratete er Sophie Wilhelmine Arnoldine Beurhaus, eine Patriziertochter aus Dortmund. Als sie 1809 starb, ging Brockhaus 1812 eine zweite Ehe mit der Altenburgerin Jeannette von Zschock ein, von der er sich 1821 wieder trennte. Aus der ersten Ehe gingen sieben, aus der zweiten vier Kinder hervor.
Nach dem Zerwürfnis mit seinen Geschäftspartnern verlegte Brockhaus die Firma 1801 in die Niederlande, den Hauptabsatzmarkt seiner englischen Ware. Nach kurzem Unternehmenssitz in Arnheim ließ er sich schließlich in Amsterdam nieder.
Da er aufgrund der Wirtschaftsblockade Napoleons es nicht gewinnbringend weiterführen konnte, gab er es schließlich auf und wandte sich dem Buchmarkt zu.
Gründung eines Verlagsbuchhandels
1805 gründete er zusammen mit dem Buchhändler J. G. Rohloff die Sortiments- und Verlagsbuchhandlung „Rohloff & Co". Rohloff war der Namensgeber des Verlags, denn Brockhaus konnte als Deutscher nicht Mitglied der Amsterdamer Buchhändlergilde werden.
1808 entdeckte Brockhaus auf der Leipziger Buchmesse das unvollendete 6-bändige „Conversations-Lexikon mit vorzüglicher Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeiten" des Juristen und Lexikografen Gotthelf Löbel und kaufte es zu einem „Schnäppchenpreis“. 1811 kehrte er mit seiner Firma nach Deutschland ins thüringische Altenburg zurück. Ab 1814 firmierte der Verlag unter „F[riedrich]. A[rnold]. Brockhaus“. Mit der Herausgabe literarischer und naturwissenschaftlicher Werke, Übersetzungen aus dem Englischen und Französischen und anderer Bücher verzeichnete Brockhaus erste Erfolge.
Umzug nach Leipzig und große Gewinne mit dem breiten, selbstgedruckten Verlagsprogramm
Mit dem Leipziger Bürgerrecht, das ihm den Eintritt in die Leipziger Buchhändlergemeinschaft ermöglichte, zog Brockhaus mit seiner Frau nach Leipzig, dem Zentrum des damaligen Buchhandels. 1818 gründete er dort seine eigene Druckerei. Bis 1819 überarbeitete und erweiterte Brockhaus das „Conversations-Lexikon“, zunächst allein, später mit Mitarbeitern, zu einem 10-bändigen Werk. Weiterhin etablierte Brockhaus erfolgreich den von bekannten Zeitgenossen geschriebenen und hochwertig gedruckten Jahreskalender „Urania". Bereits von 1812 an hatte er das „Handbuch der Deutschen Literatur seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis auf die heutige Zeit“ herausgegeben, das das zweite wirtschaftliche Standbein des Verlags bildete.
Neben dem literarisch geprägten Verlagsprogramm brachte Brockhaus aber auch historische Werke, politische Schriften wie etwa die „Deutschen Blätter“ der Allianz in den Befreiungskriegen heraus und arbeitete als Berichterstatter der Völkerschlacht bei Leipzig. 1816 begründete er die Reihe „Zeitgenossen. Biographien und Charakteristiken“ von damals lebenden oder bereits verstorbenen Personen der Zeitgeschichte. Auch Unterhaltsames wie das „Literarische Wochenblatt“ gehörte zum Verlagsprogramm.
1818 verlegte er „Die Welt als Wille und Vorstellung“, das Hauptwerk des noch weithin unbekannten Arthur Schopenhauer. 1821 veröffentlichte er die Memoiren des Venezianers Jacob Casanova, die zwar heftige Reaktionen hervorrief, aber ein voller Erfolg wurden. Sie waren zugleich der Anfang einer umfangreichen Casanova-Literatur und eines Casanova-Archivs.
Die letzten Jahre und Brockhaus‘ Erbe
Das „Conversations-Lexikon“ erschien 1820 in fünfter Auflage. Da auch der dritte Druck schnell vergriffen war, folgte die sechste und letzte noch von Brockhaus erarbeitete Auflage 1824, ein Jahr nach seinem Tod am 20. August 1823. Danach wurde der Verlag von zwei Söhnen in Leipzig fortgeführt.
Am 12. Juni 1945, noch vor dem Einmarsch sowjetischer Truppen in Leipzig, verließ der Inhaber des Brockhaus Verlags, Eberhard Brockhaus, die Stadt und ließ sich in Wiesbaden nieder. Am 12. April 1946 erhielt der Verlag die Lizenz. Als das Leipziger Stammhaus 1953 in einen Volkseigenen Betrieb (VEB) überführt wurde, übernahm der Wiesbadener „Verlag Eberhard Brockhaus“ den Namen „F. A. Brockhaus“. 1984 fusionierte er mit dem Verlag „Bibliographisches Institut zur Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG“ mit Sitz in Mannheim bis 2009. Nach dem Verkauf der Brockhaus-Markenrechte an die Bertelsmann-Tochter Arvato und der Übernahme der Aktienmehrheit durch die Cornelsen Verlagsholding wurde die Aktiengesellschaft aufgelöst. Der als Rechtsnachfolger verbliebene Buchverlag firmiert heute unter Bibliographisches Institut GmbH mit Sitz in Berlin. Die letzte, die 21. Auflage der Brockhaus Enzyklopädie erschien 2005 bis 2014.