21. April 1849: 175. Jahrestag der Erstausgabe der "Frauen-Zeitung – Ein Organ für die höheren weiblichen Interessen"
„Wohlauf denn, meine Schwestern, vereinigt Euch mit mir, damit wir nicht zurückbleiben, wo alles um uns und neben uns vorwärts drängt und kämpft. Wir wollen auch unseren Teil fordern und verdienen an der großen Welterlösung, welche der ganzen Menschheit, deren eine Hälfte wir sind, endlich werden muss.“ Mit diesen Worten leitete deren Begründerin Louise Otto in die erste Ausgabe ihrer „Frauen-Zeitung – Ein Organ für die höheren weiblichen Interessen“ ein, die vom 21. April 1849 bis zum 27. Juni 1852 wöchentlich erschien. In Form einer der ersten regelmäßig publizierten Zeitschriften, die sich rein an Frauen wandte, trug Otto im Geist der „Deutschen Revolution“ von 1848/1849 entscheidend zur Konsolidierung der Frauenrechtsbewegung in den deutschen Landen bei.
Frauenrechte im 19. Jahrhundert und während der „Deutschen Revolution“
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestimmte ein traditionelles Rollenbild das Verhältnis zwischen Mann und Frau im restaurativen Deutschen Bund von 1815: Während die Männer sich in der überwiegenden Mehrheit der Haushalte der Erwerbsarbeit widmeten, blieb den Frauen die Rolle aus Hausfrau und Mutter überlassen. Mit dem Einzug der Industrialisierung in die deutschen Länder bot sich im Laufe des 19. Jahrhunderts darüber hinaus die Heimarbeit für viele Frauen als Nebenerwerbsmöglichkeit zur Versorgung der Familie an. Politische Rechte hingegen waren ein Privileg der männlichen Bevölkerung, weswegen sie auch als Initiatoren hinter der Mehrzahl der publizistischen und aktivistischen Aktivitäten standen. In den 1840er-Jahren schlug sich die aus Industrialisierung und Urbanisierung resultierende soziale Not breiter Bevölkerungsteile, die von den Kampagnen der bürgerlich-liberalen Öffentlichkeit für Parlamentarismus, Konstitutionalismus und Bürgerrechte intonalisiert und verstärkt wurde, schließlich im Ausbruch der „Deutschen Revolution“ von 1848/1849 nieder. In der Revolutionszeit gründeten sich vielerorts auch Frauenvereine, die ihre Forderungen nach der Beteiligung der weiblichen Bevölkerung an den angestrebten politischen und Menschenrechten vortrugen. Nichtsdestotrotz blieben die meisten Frauen auch während der Revolution außen vor – so konnten sie etwa die Parlamentssitzungen in der Frankfurter Paulskirche lediglich als Zuschauerinnen von der sogenannten „Damengalerie“ aus beobachten. Es dauerte bis 1919 bzw. 1949, bis es engagierten Aktivistinnen und Politikerinnen gelang, das Frauenwahlrecht bzw. die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der deutschen Verfassung zu verankern.
Gestaltung und Rezeption der „Frauen-Zeitung“
Die Idee der „Frauen-Zeitung“ ging auf die Schriftstellerin, Lyrikern und Frauenrechtlerin Louise Otto zurück. Sie legte ihr Konzept unter dem Leitspruch „Dem Reich der Freiheit werb’ ich Bürgerinnen“ im März 1949 dem sächsischen Buchdrucker Theodor Haffner vor, der es wiederum ans sächsische Innenministerium weiterleitete. Mit dessen Genehmigung erschien die erste Ausgabe der Wochenzeitschrift am 21. April 1849. Otto sah sich von diesem Zeitpunkt an massiver Schikane des nach dem Scheitern der Revolution wiedererstandenen reaktionären Deutschen Bundes ausgesetzte: Nachdem die dreizehnte Ausgabe ihrer Zeitung wegen Berichte über gefangen genommene badische und sächsische Revolutionäre beschlagnahmt wurde, fanden im Juli 1850 auf Geheiß des sächsischen Innenministeriums Durchsuchungen in ihrer Wohnung statt. In Reaktion auf die Popularität ihrer „Frauen-Zeitung“ erließ das Königreich Sachsen wenige Monate später ein restriktives Pressegesetz, die „Lex Otto“, die es Frauen verbot, die Redaktion einer Zeitschrift zu leiten. Zum 5. Februar 1851 erschien die „Frauen-Zeitung“ in Gera, der Landeshauptstadt des Fürstentums Reuß jüngerer Linie, mit dem Namenszusatz „Ein Organ für die höheren weiblichen Interessen. Begründet und fortgesetzt von Louise Otto“ wieder. Ein Jahr später wurde die Zeitschrift vor dem Hintergrund ähnlicher Gesetzte final aufgelöst.
Leben und Wirken von Louise Otto-Peters
Louise Otto kam am 26. März 1819 als vierte Tochter des Gerichtsdirektors Fürchtegott Otto und dessen Frau Charlotte in einer bürgerlichen Meißener Familie zur Welt. Bereits als junge Frau betätigte sie sich schriftstellerisch unter dem Pseudonym „Otto Stern“ und schrieb unter anderem sozialkritisch für die „Sächsischen Vaterlandsblätter“, die der späterer Paulskirchenparlamentarier Robert Blum herausgab. Indem sie Versammlungen von Arbeiterinnen organisierte und sich wortgewandt für die weibliche Teilhabe an den Zielen der Revolution einsetzte, stieg Otto bis 1849 zu einer der bedeutendsten Stimmen der deutschen Frauenrechtsbewegung auf. 1858 heiratete sie den Schriftsteller August Peters und gab fortan gemeinsam mit ihm die „Mitteldeutsche Volkszeitung“ heraus. Nach dem Scheitern der Revolution gründete sie 1865 gemeinsam mit anderen Frauenrechtlerinnen den „Leipziger Frauenbildungsverein“ und organisierte die erste „Deutsche Frauenkonferenz“ in Leipzig. Noch im selben Jahr initiierte Otto die Schaffung des „Allgemeinen Deutschen Frauenvereins“, der sich in besonderem Maße für die Rechte von Frauen in der Schul- und Universitätsbildung sowie auf dem Arbeitsmarkt einsetzt und (unter anderem Namen) bis heute besteht. 1890 gründete sich auf ihre Anregung hin außerdem der „Leipziger Schriftstellerinnen-Verein“, der weibliche Literatinnen und Lyrikerinnen förderte. Am 13. März 1895 verstarb mit Otto eine der schillerndsten Galionsfiguren der deutschen Frauenbewegung in Leipzig.
Vorläufer der modernen Illustrierten
„Die Gartenlaube – Illustriertes Familienblatt“ war eine Vorläuferin sogenannter moderner Illustrierter. Im Kontrast zur „Frauen-Zeitung“ war die Zeitschrift das erste, milieuunabhängige langfristig erfolgreiche deutsche Massenblatt. Die „Gartenlaube“ erschien ab 1853 in Leipzig im Verlag Ernst Keil mit einer Startauflage von 5.000 Exemplaren. Der erste Herausgeber war bis 1862 Ferdinand Stolle, da Keil als sozialkritischer Revolutionär von 1848 wegen eines Pressevergehens seine bürgerlichen Ehrenrechte und damit das Publikationsrecht aberkannt bekommen hatte. Ab 1862 gab Keil die Zeitschrift schließlich selbst heraus. Ein knappes Jahrhundert lang, von 1853 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, war die Zeitschrift wie auch andere Illustrierte (zum Beispiel „Der Volksarzt“, „Naturarzt“, „Daheim“, „Über Land und Meer“) im gesamten deutschen Sprachgebiet verbreitet.
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