20./21. Juni 1948: 75. Jahrestag der Währungsreform in den westlichen Besatzungszonen
Am Sonntag, dem 20. Juni 1948, trat in den westlichen Besatzungszonen (Trizone) eine Währungsreform in Kraft, mit der die Deutsche Mark (DM) die alte Reichsmark und die zu ihr im Verhältnis 1:1 notierende Rentenmark (RM) als Zahlungsmittel ablöste. Jeder Bürger konnte zunächst 40 RM gegen 40 DM eintauschen. In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wurde kurz darauf die „Ostmark“ eingeführt. Die getrennten Währungsreformen beförderten die faktische Teilung Deutschlands, die im September bzw. Oktober 1949 zur Gründung zweier deutscher Staaten führte. Für die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland war die Währungsreform eine wichtige Grundlage.
Inflation in allen Besatzungszonen und in Berlin
Die ersten Nachkriegsjahre waren überall Jahre der Not. Nahrung und andere Güter waren knapp und nur über Lebensmittelmarken und Bezugsscheine erhältlich. Außerhalb des offiziellen Bezugs- und Versorgungssystems versorgten sich die Menschen durch Tauschgeschäfte oder „Zigarettenwährung" am Schwarzmarkt. Geld war hingegen im Übermaß vorhanden, wodurch sich die verdeckte Inflation der Kriegsjahre fortsetzte und die Reichsmark fast wertlos machte.
Erste Planungen für eine Währungsreform im Alliierten Kontrollrat
Im Februar 1948 brachten die USA und Großbritannien einen Vorschlag für eine Währungsreform in den Alliierten Kontrollrat ein. Der ursprüngliche Plan einer gemeinsamen Geldreform der Westmächte und der Sowjetunion wurde fallen gelassen, als die Sowjets am 20. März 1948 als Reaktion auf die Gründung des Brüsseler Pakts zwischen England, Frankreich und den Beneluxstaaten drei Tage zuvor aus dem Alliierten Kontrollrat ausgetreten waren.
Vorbereitungen in der Trizone und in der SBZ
In hektischen Verhandlungen einigten sich die Westalliierten auf die Grundzüge einer separaten Währungsreform in ihren Besatzungszonen. In der Folge wurden selbstständige Landeszentralbanken und am 1. März 1948 die „Bank deutscher Länder“ als Zentralbank der Landeszentralbanken in Frankfurt gegründet. In einer Kaserne in Rothwesten im Landkreis Kassel wurde die Reform vom 21. April bis 8. Juni 1948 von führenden Vertretern von Banken, Wirtschaftswissenschaftlern und Abgesandten der Westalliierten unter strengster Geheimhaltung vorbereitet und organisiert. Die Zusammenkunft ging als „Konklave von Rothwesten“ in die Geschichtsbücher ein.
Am 28. Mai 1948 kündigte die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) die Einrichtung der „Deutschen Notenbank“ als Zentralbank für die SBZ an.
Geldausgabe am 20. Juni 1948 im Westen, am 23. Juni in der SBZ
Die Ausgabe des neuen, in den USA gedruckten Geldes erfolgte in mehreren Etappen. Im ersten Schritt wurden in der Trizone ab dem frühen Sonntagmorgen des 20. Juni 1948 an Alleinstehende bzw. Haushaltsvorstände 40 DM je Person ein Zwanzigmarkschein, zwei Fünfmark-, drei Zweimark-, zwei Einmark- und vier Einhalbmarkscheine ausgegeben. Jede natürliche Person erhielt einen Monat später 20 DM bar ausgezahlt.
Drei Tage nach der Währungsreform in den drei Westzonen kam es zur Ausgabe der „Ostmark“ – mit Coupons beklebten Reichsmarkscheinen – in der SBZ und allen Sektoren Berlins. In West-Berlin wurden ab dem 24. Juni 1948 nach einem eigenen Schlüssel D-Mark-Noten ausgegeben.
Weitere Schritte der Währungs- und Wirtschaftsreform im Westen
Nach dem Emissionsgesetz vom 20. Juni 1948 wurden laufende Zahlungen wie Löhne und Gehälter, Steuern, Mieten, Sozialversicherungsrenten und Pensionen im Verhältnis 1:1 von Reichsmark zu D-Mark umgestellt und der „Bank deutscher Länder“ das alleinige Recht, Banknoten und Münzen auszugeben, übertragen.
Nach dem Umstellungsgesetz vom 27. Juni 1948 wurden private Bankguthaben im Verhältnis 10:1 in D-Mark umgetauscht. Angerechnet wurden dabei die bereits am 20. Juni ausgezahlten 40 DM. Kontenbesitzer konnten nur über die Hälfte des umgewandelten Betrags frei verfügen. Die andere Hälfte war zunächst auf einem Festkonto blockiert.
Das Festkontengesetz vom 4. Oktober 1948 legte dann ein Umstellungsverhältnis von 100:6,5 fest, worauf vor allem deutsche Sachverständige gedrängt hatten. Für 100 RM erhielt man 6,50 DM. Die Militärregierung verordnete schließlich die ersatzlose Streichung der restlichen Guthaben und setzte damit einen für viele Sparer schmerzhaften Schlussstrich unter die Bestrebungen, jedwedes Inflationspotenzial zu beseitigen.
Ludwig Erhard, Direktor für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, war davon überzeugt, dass die neue Währung nur ohne Bezugsscheinsystem bei freier Preisbildung Vertrauen gewinnen könne. Mithilfe des „Leitsätze-Gesetzes" vom 24. Juni 1948 lockerte er weitgehend die Bewirtschaftung und die Preiskontrollen, obwohl die Militärregierung dem Gesetz noch nicht zugestimmt hatte, und schuf damit Fakten für eine marktwirtschaftliche Ordnung.
Auswirkungen der Reformen
Am Montag, dem 21. Juni 1948, kam es zum „Schaufenstereffekt“: Waren, die seit langem offiziell nicht mehr erhältlich waren, waren über Nacht wieder in den Geschäften und zu normalen Preisen erschwinglich. Eine der Ursachen dafür war die anfänglich relativ schwache Geldausstattung der Unternehmen, die danach strebten, ihre Liquidität schnell zu verbessern. Da die D-Mark einen festen Wechselkurs zum US-Dollar erhielt – 1 DM entsprach 30 Cents – hatten Unternehmen wieder Sicherheit bei ihren Kalkulationen. Die neue Währungsstabilität brachte eine hohe Produktivität hervor. Schon im November 1949 erreichte die Industrieproduktion in Westdeutschland das Niveau von 1936. Durch den Währungsschnitt verschwanden außerdem weitgehend der Tauschhandel und Schwarzmarkt.
Die Wirtschafts- und Währungsreform löste eine so starke Nachfrage aus, dass das Angebot damit nicht Schritt halten konnte. Die dadurch hervorgerufenen massiven Preiserhöhungen führten am 12. November 1948 zum Generalstreik gegen Erhards Politik. Kurz bevor eine erneute Bewirtschaftung für manche Produkte drohte, kehrte sich der Preistrend Ende 1948 wieder um. Der vom damaligen US-Außenminister initiierte Marshall-Plan ermöglichte die Finanzierung von Rohstoffimporten und hatte einen Produktionsanstieg und die Erholung der Wirtschaft zur Folge.