25. Oktober 1921: 100. Geburtstag einer Symbolfigur osteuropäischer Geschichte: König Michael von Rumänien
Mihai I. von Rumänien, der als Ex-König zu einer symbolhaften Persönlichkeit rumänischer Geschichte wurde
Europa hat viele Gesichter, bekannte und weniger bekannte. Ein europäisches Land, das hierzulande weniger im Fokus steht, Rumänien, feiert in diesen Tagen den 100. Geburtstag einer Persönlichkeit, der wie kaum ein anderer Rumäne die jüngste Geschichte seines Landes zwischen Diktaturerfahrung und Demokratie prägte: Michael I. von Rumänien.
Michael I. wurde am 25. Oktober 1921 als Sohn des rumänischen Thronfolgers Prinz Karl, rumänisch Carol genannt, und dessen Gattin Prinzessin Elena von Griechenland und Dänemark im Karpatenort Sinaia geboren. Sein Vater wurde fünf Jahre nach Michaels Geburt wegen seines ausufernden Lebenswandels zugunsten des Sohnes von der Thronfolge ausgeschlossen. 1927 bestieg deshalb der kleine Junge Michael als Mihai I. 1927 nach dem Tod seines Großvaters Ferdinand den rumänischen Thron. Sein Vater blieb allerdings nicht im Exil. Der unverbesserliche Abenteurer Karl bestieg 1930 als Carol II. den Thron für 10 Jahre. Dort konnte sich Carol aber nicht halten. Deshalb wurde Michael 1940 als König inthronisiert. Er war formal zwar wieder Herrscher, die Regierungsgewalt übte der diktatorisch regierende General Ion Antonescu aus.
Während des Zweiten Weltkriegs trat Rumänien an der Seite des nationalsozialistischen Deutschlands in den Krieg gegen die Sowjetunion ein. Nach der sich abzeichnenden Niederlage des Deutschen Reichs putschte Michael im August 1944 erfolgreich Antonescu aus dem Amt und erklärte nun dem Deutschen Reich den Krieg. Dennoch besetzte die Rote Armee das gesamte Staatsgebiet Rumäniens, beließ aber Michael noch auf dem Thron mit stark eingeschränkten Befugnissen. Im Dezember 1947 wurde er von den kommunistischen Machthabern zum Verlassen des Landes gedrängt. Es folgten von der europäischen Öffentlichkeit unbeachtete Jahrzehnte im Exil.
Die Zeitenwende von 1989 und die rumänische Revolution gegen das kommunistische Ceaușescu-Regime brachten den fast vergessenen Exil-König unerwartet noch einmal zurück ins Schaufenster der Geschichte. Millionen Rumänen jubelten ihm zu. Michael war zur Brücken schlagenden Symbolfigur geworden.
Die Popularität Michaels überstieg nach herkömmlichen deutschen Maßstäben jegliche Vorstellungskraft. So reiste er etwa 1992 mit Genehmigung der damaligen Regierung nach Rumänien, um an den Osterfeierlichkeiten teilzunehmen. In Bukarest kamen über eine Million Menschen auf die Straßen, um ihn zu sehen. Der damalige Staatspräsident Ion Iliescu, der durch die gewaltige Anziehungskraft des Ex-Königs verängstigt war, verbot ihm in der Folge erneut die Einreise in sein Heimatland. Erst dessen Nachfolger Emil Constantinescu gab ihm fünf Jahre später die rumänische Staatsbürgerschaft und damit das Aufenthaltsrecht zurück.
Der Ex-König, der nach seiner erzwungenen Abdankung seinen Lebensunterhalt im Exil mit der Geflügelzucht, als Testpilot sowie als Börsenmakler in der Schweiz verdiente, stirbt im Dezember 2017 in seinem einstigen Exilland.
Michael gehörte historisch betrachtet zu den rumänischen Hohenzollern, also einem Zweig des uralten deutschen königlichen Herrschergeschlechts. Der erste rumänische König Karl I. war ein Sohn von Karl Anton von Hohenzollern, dem letzten regierenden Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen. Am 10. Mai 2011 legten der inzwischen 89-jährige ehemalige König und die Mitglieder seines Hauses den Namenszusatz „von Hohenzollern-Sigmaringen“ ab und nennen sich seitdem „von Rumänien“.
Vielen Rumänen galt die Symbolfigur des Ex-Königs Michael als ein Sinnbild des kultiviert-zurückhaltenden, vorbildliche Haltung bewahrenden Benehmens in einer politischen Landschaft voller Korruptionsaffären und Intrigen. Tatsächlich war er eine beeindruckende Persönlichkeit. Durch seine natürliche Art konnte er Menschen für sich gewinnen. Als rumänischer Nationalheld taugt er aufgrund seiner nicht bruchfreien Lebensbilanz nur sehr bedingt.