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„Alexander Dubčeks große Illusion“

Montag, 25. April 2022, 19.00 Uhr, Deutsche Nationalbibliothek, Frankfurt

 

Gerd Koenen, Autor des Buches „Die Farbe Rot“, sprach mit Reinhard Veser, Frankfurter Allgemeine Zeitung, über die Hintergründe und Folgen eines gescheiterten kommunistischen Experiments.

 

„Du schließt die Augen und schaust in die Sonne, und durch Deine Lider hindurch siehst Du die Farbe Deines Blutes – ein Karminrot. Dies ist die Farbe Deiner leiblichen Existenz.“ So beginnt Gerd Koenen in seinem Buch „Die Farbe Rot“ seine epische Geschichte eines Traums, der so alt ist wie die Menschheit. Dieser Traum von der Gemeinschaft, in der alle Menschen einander gut sind und keiner mehr der Knecht des anderen sein muss, hat eine gewaltige Spur durch die Jahrhunderte gezogen, bis im Oktober 1917 die Revolution in Russland den Kommunismus an die Macht bringt. Und damit wird der Traum zum Albtraum, der 1968 auch in Prag dazu führt, dass dieser Traum von Panzern niedergerollt wird.

Steht der „Traum“ nicht sowieso für eine Gewaltherrschaft, da die Ideologie im Moment der politischen Machtübernahme einen Allmachtsanspruch erhebt, von dem keine Abweichungen geduldet werden? Erleben wir im Überfall auf die Ukraine durch Russland aktuell nicht sogar eine Fortsetzung alter sowjetischer Politik? Gibt es von der Breschnew-Doktrin eine direkte Linie zu einer Putin-Doktrin?

Anlässlich des 100. Geburtstags von Alexander Dubček sprachen Gerd Koenen und Reinhard Veser über die Hintergründe des „Prager Frühlings“. Dieser hat in der früheren ČSSR eine beispiellose Aufbruchsstimmung erzeugt. Der Slowake Alexander Dubček, zu Beginn des Jahres 1968 an die Spitze der kommunistischen Partei in der ČSSR gerückt, war das Gesicht des Versuchs eines Sozialismus mit menschlichem Antlitz. Die Zerschlagung der Reformbewegung auf Betreiben der Führung der UdSSR mit Beteiligung der Truppen des Warschauer Paktes beendete diese Bewegung abrupt und im Anfangsstadium. Was hätte werden können, bleibt der Phantasie vorbehalten.

Wäre der „Prager Frühling“ wirklich eine Möglichkeit gewesen, der kommunistischen Idee neue Anziehungskraft zu verleihen? Oder war er von vornherein als Illusion zu sehen, die sich letztlich nie beweisen musste? Steht der „Prager Frühling“ nicht vor allem für den Freiheitswillen zweier Nationen, der in der samtenen Revolution von 1989/90 gipfelte und am Ende zur friedlichen Auflösung der Tschechoslowakei und der Bildung zweier souveräner Staaten führte? Und stehen wir heute nicht erneut vor der Grundfrage, was uns Freiheit wert ist und wie wir diese Freiheit verteidigen wollen und können?

 

Veranstalter

Die Veranstaltung war eine Kooperation der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung mit der Deutschen Nationalbibliothek und dem Konsulat der Slowakischen Republik in Hessen im Rahmen der Reihe „Wort der Freiheit - Freiheit des Wortes“ (www.slowakische-Kulturtage.de).

 

 

Video zur Veranstaltung