13. September 1974: 50. Jahrestag des Beginns des dritten Hungerstreiks der RAF
Am 13. September 1974 begann der dritte Hungerstreik der inhaftierten Mitglieder der Roten Armee Fraktion (RAF), die in den 1970er Jahren die Bundesrepublik Deutschland mit einer Serie von Gewaltakten destabilisierte. Dieser Hungerstreik war eine der Taktiken der RAF, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen und politischen Druck auf den Staat auszuüben. Aufgrund ihrer schweren Straftaten inhaftierte RAF-Mitglieder wie Holger Meins spielten eine zentrale Rolle in diesen Auseinandersetzungen. Wie tief das führende Mitglied Holger Meins in die Ideologie verstrickt war, zeigt sich daran, dass er den dritten Hungerstreik, im Gegensatz zu den anderen Führungsmitgliedern Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof zu diesem Zeitpunkt, mit tödlicher Konsequenz bis zum Schluss verfolgte. Nach seinem Tod am 9. November 1974 wurde er in posthumer Verklärung über RAF-Unterstützerkreise hinaus zu einem Symbol für den Widerstand gegen den Staat. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die RAF, die ihre Wurzeln in der Studentenbewegung und dem Vietnamkriegs-Protest hatten, mit ihrer Agenda der gewaltsamen radikalen gesellschaftlichen Veränderung furchtbares Leid verursachte.
Widerstand aus dem Gefängnis: Der Hungerstreik als Mittel des Protests
Die RAF versuchte auch aus dem Gefängnis heraus ihren politischen Kampf fortzusetzen. Der Hungerstreik galt dabei als zentrales Instrument des Protests gegen die als ungerecht empfundenen Haftbedingungen. Die Inhaftierten forderten nicht nur Verbesserungen in ihrer Unterbringung, sondern auch den Abbau der zum Teil vermeintlichen, zum Teil aber auch tatsächlichen Isolation, die sie als Form der psychischen Zermürbung und Kriegsführung verstanden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der Staat die strengen Haftbedingungen als notwendige Sicherheitsmaßnahme betrachtete, um der anhaltenden Bedrohung durch die RAF zu begegnen. Holger Meins' Tod im Hungerstreik führte zu massiven öffentlichen Reaktionen. Besonders in radikalen und linken Kreisen wurde Meins' Tod als Märtyrertum verklärt, während für viele andere in der Gesellschaft weiterhin die Gewalt und die Brutalität der RAF im Vordergrund standen.
Hessen als Schauplatz der Debatte und Mobilisierung, Vorverurteilung linker Bewegungen
In Hessen, wie auch in anderen Teilen Deutschlands, führten der Hungerstreik und der Tod von Holger Meins zu heftigen gesellschaftlichen Diskussionen. Die verschiedenen linken Milieus waren in ihrer Haltung zur RAF gespalten. Während einige die Gewalt der RAF ablehnten und im Widerspruch zur rechtsstaatlichen und demokratischen Wirklichkeit der Bundesrepublik sahen, waren sie für andere politische Gefangene, die sich gegen staatliche Repression im postnazistischen Deutschland wehrten. Besonders in Universitätsstädten wie Frankfurt am Main und Marburg fanden Demonstrationen statt, in denen Meins als Opfer staatlicher Gewalt und Repression dargestellt wurde.
Die Polarisierung innerhalb der Gesellschaft war spürbar: Auf der einen Seite standen Menschen, die die Maßnahmen des Staates gegen die RAF als unverhältnismäßig betrachteten, auf der anderen Seite jene, die die RAF als Gefahr für die Demokratie sahen und jegliche Unterstützung für sie scharf verurteilten. Für die RAF selbst sprachen sich nur wenige Menschen aus. Gerade die sehr unterschiedlichen linke Szenen und Milieus in Hessen waren häufig Ziel medialer Kritik, Demonstrationen gegen die Haftbedingungen standen generell unter dem Verdacht der Sympathie mit den Zielen der Terroristen.
Die Reaktion des Staates: Härte und Kompromisse
Der Staat reagierte auf den dritten Hungerstreik und die damit verbundenen Proteste mit einer Kombination aus Härte und punktuellen Zugeständnissen. Während die Haftbedingungen in einigen Fällen leicht verbessert wurden, blieb die staatliche Linie klar: Keine Verhandlungen mit inhaftierten Terroristen, da dies als Zeichen von Schwäche hätte gewertet werden können. Zugleich wurden aber Maßnahmen ergriffen, um humanitären Forderungen teilweise nachzukommen, um die öffentliche Empörung zu dämpfen. Die Einzelhaft, die von den Gefangenen als „Vernichtungshaft“ bezeichnet wurde, wurde weitgehend beibehalten.
Erinnerung an einen kontroversen Kampf
Der 50. Jahrestag des dritten Hungerstreiks der RAF ist ein Anlass, sich an eine Zeit zu erinnern, in der die Bundesrepublik tief gespalten war. Die RAF stellte eine ernsthafte Bedrohung für den Zusammenhalt der Gesellschaft dar, aber auch die Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung rückten die Frage in das öffentliche Interesse, zu welchen Mitteln der Staat greifen darf, um Sicherheit herzustellen – eine Fragestellung, die auch heute immer wieder aktuell ist. Gerade in Hessen, einem Zentrum linker Bewegungen und intellektueller Auseinandersetzungen, sind die Debatten von damals noch heute spürbar.