Zum Hauptinhalt springen

26. November 1922: 100. Geburtstag von Charles M. Schulz

Lucy, die dem vom Pech verfolgten Charlie Brown wieder einmal den Football vor den Füßen wegzieht, und Charlie Brown, der jedes Mal aufs Neue überzeugt ist, dieses Mal würde sie ihn festhalten: Dieses ikonische Motiv aus der Comicserie „Peanuts“ ist gemeinhin bekannt. Ihr Urheber, Charles Monroe Schulz, Sohn eines deutschen Auswanderers, dürfte eher weniger bekannt sein. Schulz gilt als Mitbegründer der popkulturellen Comics – und regte mit seinen Strips mehr zum Nachdenken über aktuelle Debatten an, als man es auf den ersten Blick vermuten würde.

Kindheit, Jugend und erste Berufsjahre

Der am 26. November 1922 geborene Charles M. Schulz wuchs als einziges Kind eines aus Stendal in der Altmark stammenden Friseurs und seiner norwegischen Frau im Mittleren Westen der USA auf. Einflüsse aus seiner Kindheit verarbeitete er zeitlebens in seinen Comics: Sein schwarz-weißer Hund Spike, der ihn ab seinem 12. Geburtstag begleitete, wurde später zur Vorlage für die Kultfigur „Snoopy“. Eine Episode aus Spikes Leben wurde durch die Verarbeitung in der Comicbeilage „Ripley´s Believe It Or Not“ auch Gegenstand seiner ersten Veröffentlichung 1937. Als US-Soldat im Zweiten Weltkrieg wurde Schulz mit der 20. Panzerdivision unter anderem im Frankreich und Deutschland eingesetzt und nahm an der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau teil. Nach ersten beruflichen Engagements nach Kriegsende für das christliche Comic-Heft „Timeless Topix“ und die „Art Insttructions School“ folgte ein Vertrag bei „United Media“, wo am 2. Oktober 1950 die erste Folge der „Peanuts“ erschien. Schulz stimmte diesem Namen nach mehrmaligem Protest und Initiativen, den Comic „Charlie Brown“ oder „Guter alter Charlie Brown“ zu nennen, schließlich zu.

Karriere und politische Inhalte seiner Comics

Nach der Heirat mit Joyce Halverson 1951 erschien im Jahr darauf der erste Sonntagsstrip der „Peanuts“, der in über 40 amerikanischen Zeitungen abgedruckt wurde. 1958 erhielt er von der Yale University die Auszeichnung „Cartoonist of the Year“. In den 1960er-Jahren ließ Schulz seine Protagonisten, deren Popularität unaufhörlich wuchs, sich zunehmend mit tagesaktuellen und politischen Kontroversen der Zeit beschäftigen. So regte er indirekt über Charlie Brown, Lucy, Linus, Peppermint Patty und Snoopy zum Nachdenken über die im Entstehen begriffene Umweltbewegung – angestoßen durch Rachel Carsons Werk „Silent Spring“ -, den Vietnamkrieg und den Rechten ungeborener Kinder an. Schulz verband komplexe und teils politische Botschaften, die vormals überwiegend durch Romane und wissenschaftliche Schriften transportiert wurden, in simplen Comicstrips und erreichte so eine diverse und im Vergleich stark verjüngte Zielgruppe. Obwohl es bereits vor Schulz´ Zeit bekannte Comiczeichner gab, gilt er als der Urvater des popkulturellen Comics, der trotz oder gerade wegen seiner humorvollen Figuren die Ernsthaftigkeit der hintergründig gestellten Lebensfragen nicht verlor. 1965 wurden die „Peanuts“ sogar auf der Titelseite des „Time-Magazine“ abgebildet. 

Spiegel der enormen Popularität und des in Deutschland häufig unterschätzten Einflusses des Comics ist die Benennung der Kommandokapsel nach Charlie Brown und der Mond-Landefähre nach Snoopy durch die Apollo 10-Astronauten. Den Bildungsanspruch in seinen Werken unterstrich Schulz 1983 mit der Veröffentlichung des halbstündigen, preisgekrönten Zeichentrickfilms „Was haben wir gelernt, Charlie Brown?“, in dem die „Peanuts“ in Frankreich die Geschehnisse im Juni 1944 rund um die Omaha-Beach-Invasion erklären. Der von den Alliierten so bezeichnete Küstenabschnitt in der Normandie war am 6. Juni 1944 Schauplatz der alliierten Landung. Ab 1993 erschien jedes Jahr anlässlich des „D-Days“ ein besonderer, stets wortloser Strip, der dessen Geschichte thematisierte. Die Idee, jungen Zuschauern in dieser Form geschichtliches Wissen zu vermitteln, stellt eine völlige Neuerung dar. Am Beispiel von Charles M. Schulz lässt sich mit Blick auf die historisch-politische Bildungsarbeit feststellen, dass ein möglichst diverses Vermittlungsangebot politisch und gesellschaftlich relevanter Inhalte zum einen zur Akquise eines möglichst breiten Publikums und zum anderen im Sinne einer pluralen Diskussionskultur zum Erhalt einer lebendigen Demokratie beiträgt. Gerade für junge Menschen waren und sind solch bildsprachlich ausgefeilte, kurzweilige und humoristische Strips attraktiv.

Am 12. Februar 2000 verstarb Charles M. Schulz an den Folgen einer Darmkrebserkrankung im Alter von 77 Jahren. Zuvor hatte er testamentarisch verfügt, dass sein Lebenswerk nicht von einem anderen Zeichner weitergeführt werden soll.