23. Januar 1945: 75. Todestag von Helmuth James Graf von Moltke Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime
Helmuth James Graf von Moltke, am 11. März 1907 in Kreisau geboren, stammte aus dem alten Adelsgeschlecht Moltke. Sein Vater war Gutsbesitzer in Kreisau und erbliches Mitglied des preußischen Grafengeschlechts, seine Mutter Südafrikanerin. Nach seinem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften arbeitete er seit 1934 als Rechtsanwalt in Berlin mit zwischenzeitlichen Aufenthalten in London und Oxford. Ab 1939 war Moltke Mitarbeiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht und mit Kriegsbeginn in der Amtsgruppe Ausland/Abwehr, dem Nachrichtendienst der deutschen Wehrmacht, beschäftigt.
Seine Aufgaben bestanden als Schnittstelle zwischen dem Oberkommando der Wehrmacht und dem Auswärtigen Amt u.a. darin, aus dem Ausland Informationen von militärpolitischer Bedeutung an die zuständigen Wehrmachtdienststellen weiterzuleiten und Gutachten in Fragen des Kriegsvölkerrechts zu erstellen. Moltke verfasste mehrere Einsprüche gegen völkerrechtswidrige Befehle und wurde hierbei von Abwehrchef Admiral Canaris und dem Chef der Zentralabteilung, Hans Oster, unterstützt.
Im Sommer 1940 gründete Moltke, mit seinem Freund Peter Yorck von Wartenburg einen Kreis von Gleichgesinnten, um die Möglichkeiten zur Beseitigung der Naziherrschaft zu sondieren. Die Gruppe erwartete ein baldiges Ende des NS-Regimes, plante aber keinen gewaltsamen Umsturz. Diese Widerstandsgruppe (später von der Gestapo als „Kreisauer Kreis“ bezeichnet) setzte sich aus Konservativen und Sozialisten, Katholiken und Protestanten, Großgrundbesitzern und Gewerkschaftern zusammen. Zu den Mitgliedern zählten neben Moltke und Yorck, u.a. Carl Dietrich von Trotha, Horst von Einsiedel, Hans Lukaschek, Adam von Trott zu Solz, Hans Bernd von Haeften, Adolf Reichwein, Carlo Mierendorff, Theodor Haubach, Augstin Rösch, Alfred Delp und Lothar König.
1942 und 1943 wurde ein Programm für eine grundlegende Neuordnung des Deutschen Reichs für die Zeit nach Hitler erarbeitet mit dem Ziel, Deutschland in eine zu schaffende europäische Konföderation einzubinden und einen Mittelweg zwischen sozialistischer Planwirtschaft und kapitalistischer Marktwirtschaft zu finden. Die Kreisauer strebten eine grundlegende geistige, gesellschaftliche und politische Reform an und wollten eine Gesellschaftsordnung schaffen, die den Einzelnen zu Selbstbestimmung und Übernahme (politischer) Verantwortung befähigen sollte. Für den Historiker Hans Mommsen stellte das Kreisauer Programm einen „… umfassenden Zukunftsentwurf dar, dessen Kühnheit und innere Stringenz von anderen politischen Reformkonzepten des deutschen Widerstandes gegen Hitler nicht übertroffen worden ist.“
Der Widerstand im Kreisauer Kreis konnte zunächst geheim gehalten werden. Im Januar 1944 wurde Moltke jedoch von der Gestapo verhaftet. Der Kreisauer Kreis löste sich kurz danach auf. Einige Mitglieder schlossen sich der Gruppe um Stauffenberg an. Nach dem gescheiterten Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 stieß die Gestapo auf den Kreisauer Kreis. Moltke wurde im Zuge dessen als führender Kopf in die Strafanstalt Berlin-Tegel eingeliefert und im Verfahren vor dem Volksgerichtshof am 11. Januar 1945 zum Tode verurteilt. Zwölf Tage später, am 23. Januar 1945, wurde er in Plötzensee gehängt. In einem seiner Abschiedsbriefe an seine beiden Söhne schrieb er im Oktober 1944: „Seitdem der Nationalsozialismus zur Macht gekommen ist, habe ich mich bemüht, seine Folgen für seine Opfer zu mildern und einer Wandlung den Weg zu bereiten. Dazu hat mich mein Gewissen getrieben …“