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21. März 1933: 90. Jahrestag des „Tag von Potsdam“

Der im Jargon der Nationalsozialisten so bezeichnete „Tag von Potsdam“ ging als der Tag in die Geschichte ein, an dem in der Potsdamer Garnisonskirche der neue, am 5. März 1933 gewählte Reichstag eröffnet wurde. Medienwirksam inszenierten die Nationalsozialisten um Reichskanzler Adolf Hitler im Rahmen eines Staatsaktes eine Verbindung der nationalsozialistischen Bewegung zur traditionellen preußischen Geschichte, um sich die Unterstützung nationalkonservativer bürgerlicher Eliten und der Reichswehr zu sichern. Weit weniger bekannt ist, dass mit Alfred Vocke, der ab 1923 als Professor an der damals preußischen Staatlichen Kunstakademie Kassel tätig war, ein Hesse zur Verbreitung der propagandistischen Wirkmacht der Geschehnisse beitrug: Er fertigte 1934 das Zwei- und Fünfmarkstück, das die Potsdamer Garnisonskirche samt Inschrift in Erinnerung an den 21. März 1933 zeigte.

Hintergrund zum „Tag von Potsdam“

Die NSDAP ging aus den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 mit 43,9% der Stimmen als stärkste Kraft hervor. Trotz der Annullierung der Reichstagsmandate der KPD infolge des Reichstagsbrandes am 28. Februar, den sie postwendend zum „Fanal eines kommunistischen Aufstandsversuchs“ erklärten, waren die nationalsozialistischen Machthaber auf eine Koalition mit der rechtsnationalen DNVP angewiesen. Innerparteilich liefen bereits Planungen für ein „Ermächtigungsgesetz“, das auch die legislative Macht in den Händen der Nationalsozialisten konzentrieren sollte. Um dieses scheinbar legal durchzusetzen, bedurfte es aber eine Zweidrittelmehrheit im Reichstag.

Auch vor diesem Hintergrund wurden Ablauf und gewünschte Wirkung der Feierlichkeiten am 21. März von Propagandaminister Joseph Goebbels akribisch vorbereitet. Der Staatsakt wurde durch die Beteiligung der Reichswehr und den Schmuck in den Farben des Kaiserreichs, Schwarz-Rot-Weiß, vom Geist traditioneller Militärfeiern begleitet. Auch die Kaiser-Söhne August Wilhelm (in SA-Uniform) sowie Oskar und Eitel Friedrich (in Uniformen des paramilitärischen „Stahlhelm“) nahmen teil. Neben diesen Verbindungen zum Kaiserreich wurde bewusst auch eine Verbindung Friedrich dem Großen und dessen Vater Friedrich Wilhelm I. als Begründer der preußischen Großmachtstellung im 18. Jahrhundert hergestellt, deren Särge sich in der Garnisonskirche befanden. Die bekannte Fotografie, auf der Hitler – ganz untypisch einen Anzug tragend und so den bürgerlichen Schein wahrend – Reichspräsident Paul von Hindenburg demütig die Hand schüttelt, wurde zum Symbol der vermeintlichen Verbindung zwischen Tradition und Moderne, die die Nationalsozialisten propagierten.

Zwei Tage später wurde das „Ermächtigungsgesetz“ im Reichstag unter Anwesenheit von SA-Männern angenommen. Lediglich die Abgeordneten der SPD um Otto Wels stimmten geschlossen gegen den Entwurf, die Mandate der KPD waren bereits annulliert. Weil das „Ermächtigungsgesetz“ schließlich die Selbstentmachtung der verfassungsmäßigen Legislative bedeutete, gilt der „Tag von Potsdam“ als Schlüsselereignis für die Konsolidierung der Macht durch die Nationalsozialisten sowie für die Errichtung des NS-Unrechtsstaates.

Leben und Wirken von Alfred Vocke

Alfred Vocke wurde am 24. April 1886 in Breslau geboren. Nach seiner Ausbildung zum Bildhauer und Medailleur an der Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe Breslau nahm er im Jahr 1923 eine Professur an der Staatlichen Kunstakademie Kassel an. Ab dem 1. Oktober 1933 war er außerdem Professor an den Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst in Berlin, wo er vier Jahre später jedoch wegen der jüdischen Herkunft seiner Frau entlassen wurde. Nachdem ihm aus diesem Grund außerdem anfangs der Beitritt zur Reichskammer der bildenden Künste verwehrt wurde, wurde er 1938 doch noch mit einer Sondergenehmigung aufgenommen. Mit dem Zwei- und Fünfmarkstück, die er 1934 in Gedenken an den „Tag von Potsdam“ schuf, fertigte er „NS-Propaganda zum Anfassen“, die tagtäglich durch eine Vielzahl von Händen gereicht wurde. Darüber hinaus entwarf Vocke 1935 Zwei- und Fünfmarkstücke mit dem Brustbild des verstorbenen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Die von ihm kreierten Münzen waren bis zu Währungsreform 1948 auf deutschem Gebiet im Umlauf. Auch heute sind sie auf dem Sammlermarkt recht häufig zu finden.

Bei der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung können u. a. folgende Publikationen zum Thema bestellt werden: