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2. September 1871: 150. Geburtstag Hildegard Wegscheider

Die Pädagogin, Politikerin und Frauenrechtlerin, die als erste Frau im Königreich Preußen ihr Abitur ablegte und später als erste Frau an einer deutschen Universität promovierte, setzte sich ihr Leben lang für mehr Bildungsmöglichkeiten von Frauen und Mädchen ein.

Die am 2. September 1871 in Berlin geborene Pfarrerstochter Hildegard Ziegler wuchs in einem liberalen Elternhaus auf, das ihr den Besuch auf der Höheren Töchterschule in Liegnitz ermöglichte. Nach einem Pensionatsjahr in Lausanne bestand sie das Lehrerinnenexamen. Seit 1893 studierte sie in Zürich, weil sie dort auch ohne Abitur zugelassen wurde. Mit einer ministeriellen Sondergenehmigung legte sie 1895 ihr Abitur am Königlich Katholischen Gymnasium in Hedingen bei Sigmaringen ab. Damit war sie die erste Frau im Königreich Preußen, die diese Prüfung erfolgreich absolvierte. Die Universität Berlin lehnte sie als Studentin ab, sodass Hildegard Ziegler an die Universität Halle ging und dort im März 1898 als erste deutsche Frau zur Doktorin der Philosophie promoviert wurde. In Kiel bestand sie im Anschluss daran noch das Examen pro facultate docendi, das ihr eine Lehrtätigkeit ermöglichte. 1899 heiratete sie den Arzt Max Wegscheider. Aus der Ehe, die bereits 1906 geschieden wurde, gingen zwei Kinder hervor.1900 gründete sie in Berlin-Charlottenburg die erste private Schule mit Gymnasialunterricht für schulpflichtige Mädchen, unterrichtete dort als Lehrerin Gymnasialkurse und lehrte zur gleichen Zeit an der Humboldt-Akademie in Berlin. 1908 ging sie schließlich als Oberlehrerin an das Lyzeum mit Studienanstalt in Bonn.

Wegscheider, die bereits 1893 der SPD beigetreten war, gehörte von 1919 bis 1921 für die SPD der verfassunggebenden preußischen Landesversammlung an und war von 1921 bis 1933 Abgeordnete im Preußischen Landtag. Außerdem war sie Vorstandsmitglied des 1919 neu gegründeten Bundes Entschiedener Schulreformer. Von 1920 bis 1933 war sie zudem Oberschulrätin in Berlin. In diesen Funktionen setzte sie sich verstärkt für mehr Bildungsmöglichkeiten von Frauen und Mädchen ein.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 verlor sie alle Ämter und wurde mit gekürzten Bezügen in den Ruhestand versetzt. Sie blieb politisch aktiv und engagierte sich in einem kleinen Kreis Oppositioneller im Widerstand gegen das NS-Regime. Außerdem verhalf sie politisch Verfolgten und Juden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm sie ihr soziales Engagement wieder auf und beteiligte sich im März 1949 am Internationalen Frauentag. Für ihr soziales Engagement, ihr Lebensleistung und ihren Mut erhielt sie im Februar 1953 als eine der ersten Frauen das von Bundespräsident Theodor Heuss gestiftete Bundesverdienstkreuz erster Klasse. Am 4. April 1953 starb sie im Alter von 81 Jahren in Berlin.

In Berlin-Grunewald ist das Hildegard-Wegscheider-Gymnasium nach ihr benannt. Anlässlich des 150. Geburtstags erscheint am 2. September eine Briefmarke der Deutschen Post.