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19. Januar 1919: 100. Jahrestag Frauenwahlrecht in Deutschland

Vor 100 Jahren konnten Frauen in Deutschland zum ersten Mal an politischen Wahlen teilnehmen, ein großer Schritt zur Gleichberechtigung der Frauen in Deutschland.

In Hamburg wurde 1902 der erste Verein für Frauenstimmrecht in Deutschland gegründet. Danach kam es in zahlreichen anderen deutschen Städten zur Gründung weiterer Vereine für Frauenstimmrecht. 1904 folgte in Berlin die Gründung des Weltbunds für Frauenstimmrecht (International Woman Suffrage Alliance), der in der Folgezeit durch Aktionen und Demonstrationen in verschiedenen Ländern das Frauenwahlrecht einforderte. 

Der Erste Weltkrieg stoppte dann zunächst die Aktivitäten der Frauen. Erst gegen Ende des Krieges wurden die Forderungen wieder lauter. Im Oktober 1918 riefen 58 deutsche Frauenorganisationen in einem gemeinsamen Schreiben den Reichskanzler Max von Baden auf, das Wahlrecht der Frauen einzuführen. Nach Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann am 9. November 1918 stellte der Rat der Volksbeauftragten am 12. November 1918 in einem Aufruf „An das deutsche Volk“ sein Regierungsprogramm vor. Ein zentraler Bestandteil war die Forderung nach einer Wahlrechtsreform, die u.a. das Frauenwahlrecht beinhaltete. Wahlberechtigt sollten alle Frauen und Männer ab 20 Jahren sein. Wenige Wochen später, am 30. November 1918, legte der Rat der Volksbeauftragten unter dem Vorsitz des Sozialdemokraten Friedrich Ebert das aktive und passive Wahlrecht für alle Bürgerinnen und Bürger in der Verordnung über die Wahl zur verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung fest. 

Die Wahl zur verfassunggebenden Nationalversammlung vom 19. Januar 1919 war die erste, an der Frauen als Wählerinnen und Gewählte teilnahmen. Fast 90 Prozent der wahlberechtigten Frauen gaben ihre Stimme ab. Von den insgesamt 423 Abgeordneten zogen 37 Frauen in die Nationalversammlung ein, davon gehörten 19 Frauen der SPD an. Die anderen verteilten sich auf die USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands), die liberal-bürgerliche DDP (Deutsche Demokratische Partei) und das katholische Zentrum (darunter Helene Weber, die später eine der vier Mütter des Grundgesetzes war).

Am 19. Februar 1919 hielt die Sozialdemokratin Marie Juchaz als erste Frau eine Rede in der Nationalversammlung und stellte fest: „Meine Herren und Damen! Es ist das erste Mal, dass in Deutschland die Frau als freie und gleiche im Parlament zum Volke sprechen kann […]. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: Sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist.“

Zeitgleich wurde das Frauenwahlrecht auch in Österreich, Polen und Kanada eingeführt. Die USA folgten 1920, Großbritannien 1928, Spanien 1931, die Türkei 1934, Frankreich 1944, Italien 1946, Belgien 1948, Griechenland 1952, die Schweiz und Liechtenstein erst 1971 bzw. 1984. Im Übrigen war das Frauenwahlrecht in Neuseeland bereits 1893 und in Australien 1902 eingeführt worden. In Europa war Finnland, das das Frauenwahlrecht 1906 einführte, der Vorreiter.