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17. November 1874: 150. Geburtstag von Johann Eduard Fresenius, dem Gründer des Bad Homburger Unternehmens „Fresenius“

Das ausgehende 19. und beginnende 20. Jahrhundert war wie keine andere Zeitspanne der deutschen Geschichte von einer Bevölkerungsexplosion auf dem Territorium des 1871 gegründeten Kaiserreichs geprägt, die enorme Folgen für das häusliche, städtische und gesamtgesellschaftliche Leben hatte. Eine entscheidende Voraussetzung für dieses rasante Wachstum von rund 33 Millionen Menschen 1843 auf 64 Millionen Menschen 1910 war das Zusammentreffen von Innovationen im medizinischen und technischen Bereich. Auch das ab 1934 in Bad Homburg ansässige Unternehmen „Dr. Eduard Fresenius chemisch-pharmazeutische Industrie KG“, das der gebürtige Frankfurter und gelernte Apotheker Johann Eduard Fresenius 1912 im Hinterzimmer einer Frankfurter Apotheke gründete, leistete mit der Herstellung von Injektionslösungen einen Beitrag zu den sich schnell verbessernden medizinischen Bedingungen nach der Jahrhundertwende. Als Keimzelle des Konzerns fungierte die – noch heute – auf der Frankfurter Zeil gelegene „Hirsch-Apotheke“, die bis 1934 gleichzeitig Firmensitz war. Bis zu seinem seinem Tod 1946 baute der Unternehmer den „Fresenius“ zu einem weltweit operierenden Medizinprodukte- und Gesundheitskonzern mit über 60.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus.

Biografie von Johann Eduard Fresenius und Anfänge des Unternehmens

Johann Eduard Fresenius wurde am 17. November 1874 als Sohn von Johann Philipp Fresenius und dessen Frau Anna (geborene Nortz) in Frankfurt am Main in eine bekannte Gelehrtenfamilie hineingeboren. Zu seinen Ahnen zählte etwa der Chemiker Carl Remigius Fresenius (1818-1897), der 1848 in Wiesbaden ein chemisches Laboratorium eröffnet hatte, aus dem die bis heute in Wiesbaden ansässige „Hochschule Fresenius“ hervorging. Sein Nachfahre Johann Eduard Fresenius übernahm nach Studium und Promotion in Philosophie und Staatswissenschaften 1905 die 1462 gegründete „Hirsch-Apotheke“ in Frankfurt am Main von seinem Vater. Angesichts des Erfolgs von unternehmerischen Neugründungen im pharmazeutischen Bereich, die das Geschäftsfeld der die Arzneimittel vieler selbst herstellenden Apotheken einzuschränken drohten, etablierte Fresenius einerseits einen Medikamente-Großhandel, von dem aus er die Kurbäder der Umgebung belieferte. Andererseits begründete er zum 1. Oktober 1912 die „Dr. E. Fresenius chemisch-pharmazeutische Industrie“, mit dem Ziel, eigenständig ein Pharmaunternehmen mit Labor in der Apotheke aufzubauen. Hierbei kam dem sterilen Wasser („Injectio Fresenius“) eine bedeutende Rolle zu. Besonders die Infusionslösung verschafft „Fresenius“ ein über Deutschlands Grenzen wirkendes Renommee. Zum raschen Erfolg der Medizinprodukte trug auch die öffentlichkeitswirksame Zusammenarbeit mit bekannten Ärzten wie etwa dem Dermatologen Karl Herxheimer oder dem Nobelpreisträger Paul Ehrlich bei, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts das erste Antibiotikum zur Behandlung von Syphilis entwickelte.

Unternehmensentwicklung bis 1946

Fresenius‘ unternehmerisches Gespür veranlasste ihn 1933 ein regelmäßig erscheinendes „Unterhaltungsblatt der Hirsch-Apotheke“ aufzulegen, das die mehrere Jahrhunderte umfassende Geschichte der gleichnamigen Apotheke aufarbeitete. Darüber hinaus etablierte er Obst- und Saftdiäten in einem eigens zu diesem Zweck eingerichteten Pavillon in Bad Homburg. Nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Weigerung des Unternehmenschefs, der NSDAP beizutreten, geriet „Fresenius“ trotz der Maßnahmen in der Öffentlichkeitsarbeit in den 1930er-Jahren in finanzielle Engpässe. Besonders in den Kriegsjahren profitierte der Konzern allerdings wiederum – etwa durch die Belieferung der Wehrmacht mit Frostschutzsalbe. Im Zuge alliierter Bombenangriffe wurde das Herzstück des Unternehmens, die Frankfurter Apotheke, im März 1944 fast vollständig zerstört, sodass „Fresenius“ nach Kriegsende vor der doppelten Herausforderung des physischen Neuaufbaus und der organisatorischen Neuorganisation stand. Der Tod des Unternehmensgründers Johann Eduard Fresenius am 10. Februar 1946 stellte in dieser Krisensituation eine unerwartete, weitere Belastung dar. Mangels leiblicher Nachkommen vermachte er den Konzern in seinem Testament einer Erbengemeinschaft unter Führung seiner zu diesem Zeitpunkt erst 21-jährigen Ziehtochter Else Fernau.

„Fresenius“ 1946 bis in die Gegenwart

Nachdem Fernau eine Ausbildung zur Pharmazeutin absolviert hatte, übernahm sie 1951 erst 26-jährig die Unternehmensführung. Gemeinsam mit dem gelernten Volkswirt und Juristen Hans Kröner, ihrem späteren Ehemann, gelang unter Fernaus Führung der rasche Wiederaufstieg des Konzerns zu einem der führenden Hersteller und Zulieferer von pharmazeutischen Medizinprodukten in der jungen Bundesrepublik. Mit Innovationen wie der Nutzung von Kunststoffflaschen für Infusionslösungen, der Erfindung einer Glucose-Elektrolyt-Mischung, um den Flüssigkeitsverlust bei Magen-Darm-Erkrankungen auszugleichen, oder der Etablierung von Aminosäurelösungen zur Ernährung von Patientinnen und Patienten über eine Magensonde übte „Fresenius“ in den 1960er- und 1970er-Jahren einen bedeutenden Einfluss auf die medizinische Versorgungslandschaft in Westdeutschland und -europa aus. Hierbei ergänzten sich medizinische und pharmazeutische Forschung auf der einen und Produktion und Vertrieb auf der anderen Seite innerhalb des Unternehmens „Fresenius“, das in den 1970er-Jahren von Bad Homburg aus weitere Standorte bezog. Mit den Diarrhöe-Medikamenten Oralpädon (Kinder) und Elotrans (Erwachsene) belieferte „Fresenius“ unter anderem die Hilfsorganisation UNICEF, die beide Wirkstoffe weltweit verteilte. In der Gegenwart ist der Konzern „Fresenius“, der mittlerweile über mehrere Tochterfirmen verfügt, in erster Linie für moderne Dialysegeräte für Nierenkranke und mit 111 Krankenhäusern als einer der größten privaten Krankenhausbetreiber Deutschlands bekannt.

Bei der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung sind unter anderem folgende Publikationen zum Thema erhältlich: