Zum Hauptinhalt springen

01. April 1998: 25. Jahrestag der Abschaffung der Grenzkontrollen zwischen Deutschland, Österreich und Italien als Folge der Schengener Abkommen

Die Schengen-Bestimmungen machten die europäische Integration für die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union konkret fassbar: Die gemeinsamen Binnengrenzen des Schengen-Raums können ohne Personenkontrolle überschritten werden und an den Flughäfen gibt es getrennte Abfertigungen für Flüge aus den Schengen-Mitgliedstaaten und aus Drittstaaten. Sobald das sogenannte einheitliche Schengen-Visum von einem Mitgliedstaat erteilt wird, besteht Reisefreiheit für bis zu 90 Tage in allen Schengen-Staaten. Auch die Inhaber eines Aufenthaltstitels eines Schengen-Staats genießen Reisefreiheit in den anderen Mitgliedstaaten. Umgekehrt gelten Aufenthaltsverbote für den gesamten Schengen-Raum.

Der Wegfall der Binnengrenzkontrollen zieht die besondere Bedeutung der EU-Außengrenzen nach sich. Ihrer Sicherung kommt eine erhöhte Bedeutung zu, zum Beispiel bei der Abwehr illegaler Immigration. Daran hat sich in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Kritik von Bürger- und Menschenrechtsinitiativen entzündet. 

Das Schengener Abkommen 1985

Das erste Abkommen (Schengen I) vom 14. Juni 1985, das von der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden in der Gemeinde Schengen im Großherzogtum Luxemburg unterzeichnet wurde, legte den schrittweisen Abbau der Personenkontrollen an den Binnengrenzen zwischen den Vertragsparteien fest. 
 

Schengener Durchführungsübereinkommen

Für die Umsetzung des Schengener Abkommens wurde fünf Jahre später, am 19. Juni 1990, das Übereinkommen zur Durchführung des Schengener Abkommens (Schengener Durchführungsübereinkommen, Abk. SDÜ, informell: Schengen II) unterzeichnet. Darin wurden sogenannte Ausgleichsmaßnahmen geregelt, die infolge der Abschaffung der Binnengrenzkontrollen einen einheitlichen Raum der Sicherheit und des Rechts gewährleisten sollten. Dazu gehörten die Vereinheitlichung der Vorschriften für die Einreise und für den kurzfristigen Aufenthalt von Ausländern und Ausländerinnen im Schengen-Raum („einheitliches Schengen-Visum“), die Bestimmung des für einen Asylantrag zuständigen Mitgliedstaats, Maßnahmen gegen grenzüberschreitenden Drogenhandel sowie die Zusammenarbeit von Polizei und Justizwesen. Stichprobenartige Personenkontrollen sind aber weiterhin möglich, auch im Rahmen von Zollkontrollen.

Das SDÜ trat am 1. September 1993 in Kraft. Die praktische Anwendung seiner Einzelbestimmungen erfolgte jedoch erst mit der „Inkraftsetzung“ am 26. März 1995, nachdem die technischen und rechtlichen Voraussetzungen wie beispielsweise die Einrichtung von Datenbanken und die dafür erforderlichen Datenschutzbehörden geschaffen worden waren. Mit dem Computernetzwerk „Schengen-Informationssystem" (SIS) können die Mitgliedsländer seit 1995 die Fahndungsdaten ihrer Polizei austauschen. Seit April 2013 ist das elektronische Fahndungssystem SIS II im Einsatz.

In den folgenden Jahren schlossen sich weitere Staaten dem Schengen-Raum an: Portugal und Spanien 1995 sowie Italien und Österreich 1997. Zum 1. April 1998 entfielen die Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich sowie zwischen Österreich und Italien. Damit war das Reisen nach Italien ohne Passkontrolle möglich. Dänemark, Finnland, Griechenland und Schweden wurden 1999 Schengen-Mitglieder. 

Integration in EU-Recht

Die bis dahin völkerrechtlichen Abkommen wurden als Schengen-Protokoll zum Vertrag von Amsterdam (1997) mit Wirkung vom 1. Mai 1999 in den Rechtsrahmen der Europäischen Union einbezogen. Inhaltlich gelten seitdem die Schengen-Regeln auch für die übrigen Staaten der EU und für alle der EU neu beitretenden Mitgliedstaaten. Irland und Großbritannien (das seit dem 31. Januar 2020 nicht mehr der EU angehört - Brexit) hatten sich eine Befreiung von der Geltung des Abkommens zusichern lassen.

Erweiterung des Schengen-Raums ab 2004

2007 wurden die Land- und Seegrenzen in Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn geöffnet. Dadurch vergrößerte sich der Schengen-Raum auf rund 3,6 Millionen Quadratkilometer und 400 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Zwischen 1996 und 2008 traten auch die EFTA-Länder Norwegen, Island, Schweiz und Liechtenstein dem Schengen-Raum bei. Heute (2023) umfasst das Schengen-Gebiet den größten Teil Europas, nimmt eine Fläche von 4.312.099 km² ein und hat über 500 Millionen Einwohner. Seit dem 1. Januar 2023 entfallen die Grenzkontrollen zwischen Kroatien und den Schengen-Mitgliedern, an den Flughäfen ab März 2023. 

Wiedereinführung von Grenzkontrollen

Zur Sicherung politischer Gipfeltreffen, sportlicher Großveranstaltungen oder nach Terroranschlägen konnten schon immer Grenzkontrollen durchgeführt werden. Die EU-Verordnung Nr. 1051/2013 vom Oktober 2013 erleichterte darüber hinaus die Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Notfallsituationen bei vorhersehbaren Ereignissen. Personenkontrollen können dann für bis zu sechs Monate eingeführt werden (vorher: für höchstens dreißig Tage). Wenn ein sofortiges Handeln zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit erforderlich ist, kann ein Schengen-Staat unverzüglich die Binnengrenzkontrollen für höchstens zehn Tage, mit etwaigen Verlängerungen maximal zwei Monate, wiedereinführen. 

2015 und 2016, als rund 2,5 Millionen Flüchtende in die EU einreisen wollten, führte Deutschland wieder Kontrollen an den Grenzen zu Österreich und Tschechien ein. Auch zahlreiche andere Länder (Dänemark, Frankreich, Österreich, Kroatien, Schweden, Norwegen) führten wieder Grenzkontrollen in unterschiedlicher Intensität ein oder bauten z.T. Grenzzäune (Slowenien, Ungarn). Ab Mitte März 2020 wurden während der Covid-19-Pandemie die Binnengrenzen zwischen fast allen Schengen-Ländern drastisch kontrolliert oder vorübergehend geschlossen. Im Februar 2021 kam es wegen der Pandemie zu erneuten vorübergehenden Grenzschließungen.

Bei der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung können u. a. folgende Publikationen zum Thema bestellt werden: