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Queen Elisabeth II. ist tot: Ein Leben im Zeichen der Krone

Queen Elizabeth II. verstarb am 8. September 2022. Am 21. April 1926 als Elizabeth Mary Alexandra Windsor, älteste Tochter des Herzogspaares von York, geboren war sie zunächst nicht als Thronfolgerin vorgesehen - und prägte das britische Königshaus und das moderne Großbritannien in ihrer 70-jährigen Regentschaft dennoch wie keine Monarchin zuvor. Windsor bezeichnet das britische Königshaus, das bis 1917 „Saxe-Coburg and Gotha“ hieß.

Kindheit und Jugend

Elizabeth wurde in eine Zeit hineingeboren, in der der erste moderne Krieg der Industriegesellschaften erst wenige Jahre hinter der Weltöffentlichkeit lag, das Frauenwahlrecht noch eine sensationelle politische Neuerung darstellte und Automobile die traditionellen Pferdefuhrwerke gerade als Fortbewegungsmittel verdrängten. Sie und ihre vier Jahre jüngere Schwester, Prinzessin Margaret, erhielten bereits früh unter Aufsicht ihrer Mutter, Herzogin Elizabeth Bowes-Lyon, Privatunterricht auf Schloss Balmoral.

Ihr Großvater König George V. aus dem Haus Sachsen-Coburg und Gotha saß seit 1910 auf dem britischen Thron. Sein erstgeborener Sohn Edward von Wales, seines Zeichens Thronerbe und Onkel der jungen Elizabeth, trat nach dem Tod seines Vaters 1936 als Eduard VIII. die Regentschaft an. Nach knapp einem Jahr dankte dieser als einziger britischer Monarch in der Geschichte ab, da seine Absicht die geschiedene Amerikanerin Wallis Simpson zu heiraten Gegenstand einer Verfassungskrise wurde. So bestieg mit dessen jüngerem Bruder Elizabeths Vater, fortan George VI. den britischen Thron, wodurch Elizabeth zur Kronprinzessin wurde. In dieser Position als zukünftige Königin rückte sie verstärkt ins Licht der Öffentlichkeit, da es unwahrscheinlich schien, dass ihr bei der Thronbesteigung 36 Jahre alte Mutter noch einen Sohn gebären würde, der aufgrund der damals üblichen Bevorzugung männlichen Nachwuchses in der Thronfolge über ihr gestanden hätte.

Zweiter Weltkrieg

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges und den zahlreichen Luftangriffen auf London äußerten einige der royalen Familie nahestehende Berater Sicherheitsbedenken und schlugen vor, die Prinzessinnen ins Exil zu bringen. Dies wurde von Königin Elizabeth kategorisch abgelehnt, die die Kinder besonders in Krisenzeiten in der Nähe ihrer Liebsten wissen wollte. Das liebevolle, wenn auch von den royalen Pflichten geprägte Verhältnis zu ihrer Familie war stets elementarer Bestandteil der mütterlich-empathischen Aura der Königin und ihrer dementsprechenden Wahrnehmung in der Öffentlichkeit.

1940 wandte die junge Kronprinzessin sich in ihrer ersten Rundfunkansprache im Rahmen der Sendung „Children´s Hour“ an die Kinder Großbritanniens, die aufgrund des Krieges ins Ausland fliehen mussten, um ihnen Mut zuzusprechen und ihr Mitgefühl auszudrücken. Ihren ersten öffentlichen Auftritt beging die damals16-Jährige zwei Jahre später. Sie besuchte die Grenadier Guards, zu deren Ehrenoberst sie kurz zuvor ernannt wurde. Darüber hinaus trat Elizabeth den Auxiliary Territorial Services, einer Art militärtechnischem Hilfswerk, bei und lernte dort Lastwagen zu fahren und sie zu reparieren.

Heirat und Krönung

Im Alter von 13Jahren traf Prinzessin Elizabeth das erste Mal auf ihren späteren Ehemann Prinz Phillip von Griechenland und Dänemark, einen Cousin dritten Grades. Ihre 1947 verkündete Verlobung mit dem kaum vermögenden, im Ausland geborenen Phillip, dessen Schwestern mit deutschen Adeligen mit Verbindungen zum Nationalsozialismus verheiratet waren, war sowohl familienintern als auch in der britischen Öffentlichkeit umstritten. Doch in dieser Angelegenheit setzte sich Elizabeth, die sich sonst stets pflichtbewusst in den Dienst der Krone stellte, durch - die beiden heirateten noch 1947 in der Westminster Abbey.

Ihr erstes Kind, Prinz Charles, gebar Elizabeth am 14. November 1948. Prinzessin Anne folgte knapp zwei Jahre später, Prinz Andrew 1959 sowie Prinz Edward 1963.

1951 litt König George VI. zunehmend unter gesundheitlichen Problemen, weshalb Elizabeth in immer häufiger bei öffentlichen Anlässen vertrat. Während sich Elizabeth und Phillip zu Beginn des Jahres 1952 auf einer Reise nach Kenia befanden, verstarb der König schließlich. Damit war die für dieses Amt eigentlich nie vorgesehene Elizabeth im Alter von 26 Jahren Königin eines mächtigen globalen Empires. Ihre Krönung fand am 2. Juni 1953 statt und wurde zum ersten medialen Großereignis der Fernsehgeschichte.

Entwicklung von Politik und Gesellschaft während ihrer Regentschaft

Während der sieben Dekaden von Elizabeths Herrschaft wurde das Britische Empire zum Commonwealth of Nations umgewandelt, einer Staatenverbindung, zu der sich ehemalige britische Kolonien zusammenschlossen. Den damit einhergehenden Machtverlust begleitete Elizabeth stets ruhig und mütterlich. Die Monarchin zeigte großes Interesse an Herstellung und Pflege von engen Bindungen zu den historisch mit England verbundenen Staaten. So absolvierte sie weit über 100 Staatsbesuche und mehr als 180 Reisen in die Commonwealth Realms.

Obwohl die britischen Monarchen seit der Glorious Revolution von 1642-1649, während der mit der Durchsetzung der Bill of Right der Grundstein für das bis heute bestehende parlamentarische System Großbritanniens gelegt wurde, nicht mehr absolut regieren und keine politische Macht ausüben, stellt der Tod der Königin auch auf der Bühne der internationalen Politik einen großen Verlust dar. Die „ewige Königin“, die unter anderem die Premierministerinnen und Premierminister Winston Churchill, Margaret Thatcher, Tony Blair und zuletzt Liz Truss ernannte, setzte sich zeitlebens für parlamentarisch-demokratische Werte ein, ohne sich darüber hinaus je öffentlich zu ihren politischen Ansichten zu äußern.

So konnte sie mit der sie umgebenden Aura geprägt von Ruhe, Beständigkeit und Autorität beispielsweise durch den ersten Staatsbesuch eines britischen Souveräns in Irland seit über 100 Jahren zur Normalisierung der durch die Kolonialgeschichte belasteten britisch-irischen Beziehungen beitragen. Auch im während der Regentschaft ihres Vaters besiegten Deutschland genoss Elizabeth in den Jahrzehnten nach dem Krieg zunehmend Sympathien, wie sich nicht zuletzt an den Reaktionen auf ihr Ableben zeigt. Ihr erster offizieller Staatsbesuch in Deutschland, dem Land aus dem ihre Vorfahren aus dem Hause Sachsen-Coburg und Gotha stammen, das bis heute als „Wiege der europäischen Herrscherdynastien“ gilt, fand 1965 statt.

Royale Krisen

Zeit ihres Lebens zeigten die Medien ein unstillbares Interesse an Königin und royaler Familie. In den 1990er-Jahren sah die britische Monarchie sich wachsender Kritik vor dem Hintergrund der Finanzierung des Lebensstils der königlichen Familie durch die britischen Bürger sowie der zahlreichen Enthüllungen über den Zustand der Ehe zwischen Prinz Charles und seiner Frau Diana Spencer, deren Ehe 1996 geschieden wurde, ausgesetzt. Das Jahr 1992, in dem die Ehen von dreien ihrer vier Kinder zerbrachen und zusätzlich ein Feuer Schloss Windsor schwer beschädigte, bezeichnete sie als „annus horribilis“ (schreckliches Jahr).

Nach dem tragischen Tod der „Prinzessin des Volkes“ bei einem Autounfall 1997, der die Menschen weit über die britischen Grenzen hinaus erschütterte, empörte sich die Öffentlichkeit über das anfängliche Schweigen der Königin, die Diana nicht mehr als Mitglied der royalen Familie betrachtete und in erster Linie ihren Enkeln, den Prinzen William und Harry, über den Verlust ihrer Mutter hinwegzuhelfen versuchte. Die damit einhergehende Krise der Monarchie bannte Elizabeth weitestgehend durch eine Fernsehansprache, in der sie einen Tag vor Dianas Beerdigung ihre Bewunderung für diese ausdrückte.

Thronjubiläen

Im Jahr 2012 beging Königin Elizabeth ihr diamantenes Thronjubiläum, bei dem die 6 Dekaden ihrer Regentschaft mit zahlreichen Paraden gefeiert wurden. Im selben Jahr eröffnete sie die Olympischen Sommerspiele. Mit Ausbruch der Pandemie zog die Königin sich mit ihrem Mann Philip, der 2021 im Alter von 99 Jahren verstarb, auf Schloss Windsor zurück. Sie blieb eine Leit- und Orientierungsfigur für Menschen inner- und außerhalb von Großbritannien, was sie durch ihre empathische und ermutigende Fernsehansprache zur Pandemie 2020 erneut unter Beweis stellte. Bei ihrem Platinjubiläum 2022 war sie bereits seit sieben Jahren die Monarchin mit der längsten Amtszeit der Geschichte.

Der Tod von Königin Elizabeth II. bedeutet über die britischen Grenzen hinaus das Ende einer Ära. Mit ihr verliert einerseits die britische Monarchie ihr bekanntestes und legitimitätsstiftendes Gesicht und andererseits die Weltöffentlichkeit eine aus der Perspektive der meisten Menschen ewige Symbolfigur der Beständigkeit, der Muße und des Dialoges in Zeiten der wohl größten globalen Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg. Mögen Königin Elizabeths Besonnenheit und ihr Pflichtbewusstsein uns bei der Bewältigung dieser Krisen ein Vorbild sein. Wer heute das Wort „Queen“ in den Mund nimmt oder darüber nachdenkt, ergänzt es fast zwangsläufig mit „Elisabeth“.

Mit ihr starb ein Anker gelebter westlicher Demokratie.

Pressestimmen zum Tod Elizabeths II.

„Wer je ein Vorbild suchte für Tugenden wie Pflichtbewusstsein und Disziplin, für Durchhaltevermögen und die Kunst, sich auf viele unterschiedliche Menschen einzustellen und einzulassen: in Queen Elizabeth hatte er es gefunden.“
-Gala, 9.09.2022

„Die Queen war die ultimative Matriarchin, die ihre Macht still und kunstvoll ausübte.“
-The Guardian, 9.09.2022

„Unsere Schuld ihr gegenüber ist unbezahlbar. Die Queen war Großbritanniens Fels in Zeiten von Triumph, Tragödien und Krisen.“
-Times, 9.09.2022

„Der Einfluss, den sie in ihrem ererbten Amt als Staatsoberhaupt ausübte, beruhte auf einer tief verwurzelten Zuneigung des Volkes, von der ein Politiker nur träumen kann.“
-Telegraph, 9.09.2022

„Nach sieben Jahrzehnten Regentschaft geht mit dem Tod von Elizabeth II. nun für die britische Monarchie ein zweites "elisabethanisches Zeitalter" zu Ende - so wird bislang die Zeit um die Regentschaft von Königin Elizabeth I. von 1558 bis 1603 bezeichnet.“
-Tagesschau, 9.09.2022