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06. Juni 1872: 150. Geburtstag von Alix von Hessen und bei Rhein

Alix Prinzessin von Hessen und bei Rhein ist eine von vier Prinzessinnen aus dem hessischen Fürstenhaus, die in die russische Zarenfamilie heirateten. Mit der Heirat Zar Nikolaus II. 1894 nahm Alix den Namen Alexandra Fjodorowna an. Nach der Oktoberrevolution 1917 wurde sie inhaftiert und schließlich im Juli 1918 in Jekaterinenburg als letzte Zarin zusammen mit ihrem Mann und ihren Kindern ermordet. 2000 sprach sie die russisch-orthodoxe Kirche heilig.

Kindheit

Die am 6. Juni 1872 in Darmstadt geborene Alix war das sechste von sieben Kindern des Großherzogs Ludwig IV. von Hessen und bei Rhein und die vierte von fünf Töchtern. Bereits mit sechs Jahren verlor sie ihre Mutter Alice von Großbritannien und Irland, die die zweitälteste Tochter von Queen Victoria von England und Prinz Albert von Sachsen-Coburg-Gotha war. Nach dem Tod der Mutter wuchs sie bei ihrer Großmutter in England auf, deren besondere Zuneigung ihr galt.

Eheschließung und russische Zarin

Alix lernte den russischen Thronfolger Nikolaus 1884 als zwölfjähriges Mädchen auf der Hochzeit ihrer Schwester Elisabeth mit Großfürst Sergej, einem Bruder des Zaren, kennen. Obwohl es zunächst seitens Nikolaus‘ Eltern und von Königin Victorias Seite Bedenken gegen eine Ehe der beiden gab – letztere sah in ihr in politischer Hinsicht keine lohnende Partie – verlobten sie sich 1894 in Coburg. Die gläubige Alix selbst hatte zunächst Zweifel wegen des Übertritts von der lutherischen zur russisch-orthodoxen Kirche, der für die Heirat mit dem Zarewitsch nötig war. 
Am 26. November 1894 heirateten die beiden in der Großen Kirche des Winterpalastes in Petrograd (Sankt Petersburg) in einem relativ bescheidenen Rahmen, da nur wenige Wochen zuvor Alexander III. gestorben war. Mit der Heirat und Konversion änderte Prinzessin Alix Viktoria Helene Luise Beatrix von Hessen und bei Rhein ihren Namen in die orthodoxe Form Alexandra Fjodorowna. Am 14. Mai 1896 fand in der Mariä-Entschlafungs-Kathedrale des Moskauer Kreml die Krönung des kaiserlichen Paares statt.
Als Zarin gelang es ihr kaum, sich beim russischen Volk beliebt zu machen und anerkannt zu werden. Das lag zum einen daran, dass Alexandra erst spät begann, russisch zu lernen, um sich in der Landessprache verständigen zu können. Zum anderen tat sie sich durch ihre zurückhaltende Art schwer, mit Menschen in Kontakt zu treten. Als sich Deutschland und Russland von 1914 an im Krieg befanden, wurde das Misstrauen der Zarin gegenüber aufgrund ihrer deutschen Herkunft noch größer und schürte Gerüchte, es gäbe am Zarenhof eine gegen Nikolaus gerichtete Verschwörung. 
Alexandra kümmerte sich intensiv um die Erziehung und Ausbildung ihrer insgesamt fünf Kinder (vier Töchter und ein Sohn, der 1904 als Thronfolger Alexej auf die Welt kam). Sie vermittelte ihnen unter anderem ihre Religiosität und unterwies sie in der Korrespondenz- und Tagebuchführung. 

Der Wunderheiler Rasputin 

Alexej erbte die Hämophilie (Bluterkrankheit), den genetischen Defekt einiger Nachkommen von Königin Victoria. Immer in der Sorge um ihren Sohn holte Alexandra den sibirischen Wanderprediger und Wunderheiler Rasputin an den Zarenhof, der die gefährlichen Blutungen stoppen konnte. Dem Adel, vor dem die Krankheit des Sohnes ebenso geheim gehalten wurde wie vor der Bevölkerung, waren Rasputins Anwesenheit und Aufstieg bei Hofe ein Dorn im Auge und schürten das Misstrauen gegenüber dem Zaren und seiner Familie. 

Der Regierungseinfluss der Zarin

Nikolaus II. stützte seine Macht auf den landbesitzenden Adel, die Armee und das zarentreue Bauerntum und verweigerte politische und soziale Reformen. Alexandra bestärkte ihn in der Auffassung von der Zarenwürde als rein autokratischer Regierungsform. Als ein friedlicher Protest am Petersburger Blutsonntag im Januar 1905 von Polizei und Armee gewaltsam niedergeschlagen wurde und es zu Streiks, Arbeiterdemonstrationen und Meutereien kam, stimmte Nikolaus im „Oktobermanifest“ der Schaffung einer Volksvertretung (Duma) zu. Bereits diese durch ein Dreiklassenwahlrecht geschmälerte Beschränkung der autokratischen Macht erschien Alexandra zu weitreichend. 
Nach der schweren Niederlage bei Tannenberg im August/September 1914 zu Beginn des Ersten Weltkriegs und weiteren militärischen Misserfolgen verließ Nikolaus im September 1915 Petrograd und übernahm selbst den militärischen Oberbefehl über die russische Armee. Während seiner Abwesenheit entließ Alexandra unter dem Einfluss Rasputins alte und ernannte neue Minister, wodurch die Regierung instabil wurde. Zugleich griffen Gerüchte um sich, die Alexandra ein Verhältnis mit Rasputin nachsagten oder ihr unterstellten, eine Spionin Deutschlands zu sein, woran auch Rasputins Ermordung im Dezember 1916 nichts änderte. 

Das Ende der Zarenherrschaft

Die hohe Zahl an Gefallenen, Verwundeten und Gefangenen der 16 Millionen Soldaten der russischen Armee wie auch die verheerende Versorgungslage der Truppen und der Zivilbevölkerung heizten die antizaristische Stimmung an und führten zur Februarrevolution 1917. Nikolaus musste abdanken und wurde mit seiner Familie in Petrograd im Alexanderpalast unter Hausarrest gestellt. Nach der Oktoberrevolution 1917 wurde die Zarenfamilie in Jekaterinenburg in Gefangenschaft genommen. Am 17. Juli 1918 wurden Alexandra, Nikolaus II. und ihre Kinder von der Tscheka (sowjetischen Geheimpolizei) erschossen. 

Alix‘ Spuren

1998 wurden Alexandra, Nikolaus und drei ihrer Kinder nach St. Petersburg überführt, wo sie unter Teilnahme von Staatspräsident Boris Jelzin mit einer großen Zeremonie in der Familiengruft der Romanows in der Peter-und-Paul-Kathedrale beigesetzt wurden. 2007 konnten schließlich auch die sterblichen Überreste der beiden fehlenden Kinder identifiziert und diese ebenfalls dort beigesetzt werden. Im August 2000 sprach sie die russisch-orthodoxe Kirche heilig.
In Darmstadt wird die Erinnerung an das letzte Zarenpaar u.a. durch die Russische Kapelle auf der Mathildenhöhe wachgehalten, die Nikolaus Alix 1899 zum Geschenk gemacht hatte. Sie war in den Jahren von 1897 bis 1899 nach Plänen des Petersburger Architekten Léon N. Benois auf importierter russischer Erde im Stil russischer Kirchen des 16. Jahrhunderts errichtet worden. 

Bei der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung können u. a. folgende Publikationen zum Thema bestellt werden: